Nach der Verständigung der großen Koalition auf ein Aus für den Steinkohlenbergbau ringen Bund und Länder um die Milliarden-Subventionen bis zur Schließung der letzten Zeche im Jahr 2018. Zwischen Bund und Ländern gebe es noch keine Verständigung über diese Beihilfen, Bergarbeiterpensionen und Kosten für Bergschäden von zusammen rund 35 Milliarden Euro, sagte ein Regierungsvertreter am Dienstag Reuters. In einer Erklärung der Koalitionsspitzen nach dem Treffen am Vorabend heißt es lediglich: "Die Beihilfen sollen mit einer Vereinbarung zwischen dem Bund, dem Land Nordrhein-Westfalen und dem Saarland und durch Gesetz geregelt werden."
Herangezogen werden sollen auch die Erlöse von rund 5,4 Milliarden Euro aus dem geplanten Börsengang des Mischkonzerns RAG ohne die Steinkohletochter. Die Finanzierungsfragen werden auch im Mittelpunkt des nächsten Kohlegipfels mit Vertretern von Bund, Ländern, RAG und Gewerkschaft stehen. Die Unions-Fraktion will sich nach Worten von CSU-Landesgruppenchef Peter Ramsauer mit aller Macht gegen neue, unkalkulierbare Kosten für den Bund durch den Steinkohlebergbau stemmen. Er sei sich mit Fraktionschef Volker Kauder einig, dass die so genannten Ewigkeitslasten etwa zur Sanierung von Bergschäden keinesfalls auf den Steuerzahler abgewälzt werden dürften, sagte Ramsauer in Berlin. "Hier gilt das Kostenverursachungsprinzip." Daher müssten die Kosten von schätzungsweise rund 300 Millionen Euro pro Jahr auf den Preis für Steinkohlestrom umgelegt werden. "Das wären 0,25 Cent pro Kilowattstunde", rechnete Ramsauer vor. "Das ist ein Ausmaß, das überschaubar ist."
"Kohlrabenschwarzer Tag für alle Steuerzahler"
Die Koalitionsvereinbarung zum Steinkohlebergbau markiert nach Ansicht des Steuerzahlerbunds einen "kohlrabenschwarzen Tag für alle Steuerzahler". Vereinspräsident Karl Heinz Däke kritisierte scharf die Entscheidung, die Branche bis zum Jahr 2018 weiter mit Milliardensummen zu subventionieren. Wenn sich das Tempo des Subventionsabbaus nicht beschleunige, würden bis dahin weitere 15 Milliarden Euro in den Bergwerken vergraben, rügte Däke. Er warf den Politikern vor, sich Einzelinteressen gebeugt zu haben. Einer Branche, die nicht einmal die Hälfte ihrer Kosten aus Markterlösen decken könne, werde eine Jobgarantie bis zum Ende des nächsten Jahrzehnts erteilt. "Dieses Geschenk muss von den Beschäftigten aller anderen Branchen hart erarbeitet und teuer bezahlt werden", sagte Däke.
Ähnlich kritisierte der Chef des Essener Wirtschaftsforschungsinstituts (RWI), Christoph Schmidt, den Koalitionskompromiss. "Würde das Wohl der deutschen Bürger im Vordergrund stehen, dann müsste man der Steinkohleförderung sofort den Geldhahn zudrehen", sagte der Präsident des Rheinisch-Westfälischen Instituts für Wirtschaftsforschung der Zeitung "Die Welt". Was die Koalition beschlossen habe, sei insofern "bestenfalls ein halbherziger Schritt in die richtige Richtung." Damit die Folgekosten des Bergbaus überschaubar blieben, müsse die Politik beim RAG-Börsengang auf einen möglichst hohen Markterlös achten. Möglicherweise ließe sich der höchste Ertrag erzielen, wenn die Teile des Konzerns einzeln veräußert würden, sagte Schmidt mit Hinweis auf Einschätzungen von Finanzmarkt-Analysten.
Nur Beihilfen bisher geklärt
Die Spitzen der großen Koalition hatten Eckpunkte für den Ausstieg bis 2018 gebilligt. Danach soll auf Drängen der SPD 2012 noch einmal geprüft werden, ob ein Restbergbau auch nach 2018 sinnvoll ist. Sicher gestellt werden soll mit dem Datum 2018 aber auf jeden Fall, dass keinem der rund 35.000 Kumpel in Nordrhein-Westfalen und dem Saarland gekündigt wird. Weitere Details, die im vergangenen Jahr in Grundzügen schon geklärt waren, sind aber ausdrücklich kein Bestandteil mehr des Konsenses.
Geklärt sind bislang nur die Beihilfen für den Kohlebergbau für die Jahre 2007 und 2008. Von den gut vier Milliarden Euro tragen der Bund knapp 80 Prozent und NRW rund 20 Prozent. Das Saarland beteiligt sich nur mit geringen Beiträgen, um das vorzeitige Ausscheiden von Kumpeln zu ermöglichen. In Regierungskreisen hieß es, der Bund wolle die Finanzierung für die Jahre danach auf zwei Drittel Bund und ein Drittel Länder umstellen. Dies trifft aber auf Widerstand bei den Ländern, die die bisherige Aufteilung beibehalten wollen.
Offen ist zudem die Haftung für die so genannten Ewigkeitslasten, also Bergschäden nach dem Aus für den Bergbau, die von einer Stiftung finanziert werden soll. Diese soll aus den RAG-Börsengang-Erlösen gespeist werden. Sollten diese aber nicht ausreichen, wollte der Bund zunächst ein Drittel der Zusatzkosten übernehmen, obwohl rein rechtlich allein das Land haftbar wäre. Regierungsvertreter sagten jedoch, auch diese Zusage des Bundes sei wieder in Frage gestellt. Aus den Ländern gibt es zudem weitere Forderungen, das Aus für den Bergbau mit Finanzhilfen des Bundes abzufedern. "Erst kann es den Ländern mit dem Aus für den Bergbau nicht schnell genug gehen, und jetzt ist das plötzlich alles ganz kompliziert und teuer", sagte ein Regierungsvertreter.