Die Verhandlungen über die Zukunft des angeschlagenen Handelskonzerns KarstadtQuelle stehen unter erheblich größerem Zeitdruck als bislang gedacht. Konzernchef Christoph Achenbach sagte am Dienstag nach einem Treffen mit Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement und zahlreichen Bürgermeistern in Düsseldorf, die Gespräche mit dem Betriebsrat und den Gewerkschaften über ein Sanierungspaket müssten bis mitte des Monats abgeschlossen sein.
Dies sei Voraussetzung für die dringend notwendige Kapitalerhöhung und die Verhandlungen mit den Banken, begründete der Manager den Zeitdruck. Bisher war von einem Zeitraum von vier Wochen ausgegangen worden. Spekulationen über eine mögliche Insolvenz des größten Europäischen Warenhaus- und Versandhandelskonzerns widersprach Achenbach: "Weder sind wir insolvent, noch werden wir insolvent werden".
Schwierige Verhandlungen erwartet
Die Verhandlungen zwischen Arbeitnehmervertretern und Vorstand dürften sich außerordentlich schwierig gestalten. Die Gewerkschaft ver.di und der Gesamtbetriebsrat der Warenhaus AG lehnten am Dienstag eine Verlängerung der Arbeitszeit und dauerhafte Tarifeinschnitte ab. Das Unternehmen forderte dagegen, auch über Urlaub, Mehrarbeit und Gehaltsverzicht zu verhandeln. Derzeit droht nach Gewerkschaftsangaben rund 7.000 Beschäftigten der Verlust ihres Arbeitsplatzes.
Nach der ersten Verhandlungsrunde in Frankfurt am Main sagte Warenhaus-Chef Helmut Merkel, es werde "mit großer Ernsthaftigkeit an einer Lösung gearbeitet". Details wollte er aber nicht nennen.
Gewerkschaften und Betriebsrat gegen Gehaltsverzicht
Gesamtbetriebsrat und ver.di präsentierten am Dienstag in Frankfurt ihren Kurs zur Unternehmenssanierung. Dabei zeigten sie sich zu Zugeständnissen bei übertariflichen Leistungen bereit. Hier gebe es einen Verhandlungskorridor, erklärte Franziska Wiethold vom ver.di-Bundesvorstand. Details wollte auch sie nicht nennen. Zu den übertariflichen Leistungen zählen laut Gesamtbetriebsratschef Wolfgang Prokriefke unter anderem Prämien und Sonderurlaube für langjährige Mitarbeiter und ein freiwilliges Weihnachtsgeld von durchschnittlich etwa 600 Euro, das zusätzlich zu dem tariflichen Weihnachtsgeld gezahlt wird.
Karstadt-Sprecher Jörg Howe betonte aber, dass der Vorschlag auf keinen Fall für eine erfolgreiche Sanierung ausreiche. Es müsse auf jeden Fall auch über Urlaub, Mehrarbeit und Gehaltsverzicht gesprochen werden. Dies seien auch die Forderungen, die die Karstadt-Führung beim Gespräch mit dem Gesamtbetriebsrat und ver.di am Dienstag stellen werde, hieß es in Essen.
Keine Streiks angekündigt
Trotz der unterschiedlichen Haltungen sind aber Streiks laut ver.di derzeit kein Thema. "Es wäre unverantwortlich, über Streiks zu reden, wenn noch nicht einmal die ersten Verhandlungen mit der Unternehmensleitung stattgefunden haben", betonte Wiethold.
Ver.di und Betriebsrat fordern den Verbleib der 77 zum Verkauf stehenden kleineren Warenhäuser im Konzern. Diese hätten durchaus eine Überlebenschance, sagte Prokriefke. Die Gastronomie soll nicht ausgegliedert werden, auf betriebsbedingte Kündigungen soll verzichtet werden und die Tarifverträge sollen erhalten bleiben.
Zudem müssten Anteilseigner, Banken und der Vorstand einen wesentlichen Beitrag leisten, sagte Wiethold. Die Banken forderte Wiethold auf, die notwendigen Kreditlinien langfristig einzuräumen und keinen weiteren Druck aufzubauen.