Nauru Insel vor dem Untergang

Es gab Zeiten in Nauru, in denen das Pro-Kopf-Einkommen an das Saudi-Arabiens heranreichte. Heute ist die Inselrepublik bankrott. Schon werden Stimmen laut, die frühere deutsche Kolonie solle ihre Souveränität aufgeben.

An Naurus goldene Zeiten können sich nur noch gesetztere Jahrgänge erinnern. Drei Jahrzehnte ist es her, dass auf der winzigen Insel im Südpazifik der Reichtum pro Kopf fast an den Saudi-Arabiens heranreichte - dank großer Phosphatvorkommen, die dem zwischen Australien und Neuseeland gelegenen Eiland Abermillionen in die Kassen spülte. Doch Missmanagement ließ das Vermögen dahinschmelzen, die Inselrepublik gilt längst als bankrott. Dubiose Geschäfte als neue Finanzierungsquellen brachten Nauru Einträge gleich auf mehreren internationalen Schwarzen Listen ein.

Unter den rund 11 000 Bewohnern grassieren überdurchschnittlich hohe Raten an Diabetes, Nieren- und Herzkrankheiten. Stromausfälle, Wasser- und Treibstoffknappheit sind an der Tagesordnung; Maschinen der Fluglinie Air Nauru mussten 2003 mehrfach am Boden bleiben, weil das Geld für Wartung und Treibstoff fehlte. Das Schlimmste steht aber noch bevor: Fachleute gehen davon aus, dass das letzte Phosphat bald abgebaut sein wird.

"Aussätziger im Pazifik"

Schon werden Stimmen laut, die frühere deutsche Kolonie (1888- 1920) solle ihre 1968 erreichte Souveränität aufgeben und dafür Teil Australiens, Neuseelands oder der Fidschi-Inseln werden. Nauru habe zwei Optionen, es könne "ein von Armut und Krankheit geplagter Bettler und Aussätziger im Pazifik werden oder sich für ein gesundes und bescheidenes Leben entscheiden", befindet die australische Wirtschaftsprofessorin Helen Hughes in einem jetzt veröffentlichten Bericht des Forschungsinstituts Centre for Independent Studies. Die Expertin weiß genau, wovon sie spricht: Kurz vor der Unabhängigkeit Naurus von Australien vor 36 Jahren half die Wissenschaftlerin den Inselbewohnern, eine eigene Wirtschaftspolitik zu formen.

Seine trüben Aussichten hat sich das nur 21 Quadratkilometer große Nauru zum großen Teil selber zuzuschreiben, sind sich Fachleute einig. So flossen alle Einkünfte aus dem Phosphatgeschäft in staatliche Treuhandfonds, die das Geld bei Immobiliengeschäften verloren. Über 30 Jahre seien so zwischen 1,5 und 2 Milliarden australische Dollar (nach heutigem Umrechnungskurs 870 Millionen bis 1,2 Milliarden Euro) versandet, schätzt Hughes. Unsummen sickerten zudem in dunkle Kanäle, den Rest besorgte eine aufgeblähte Verwaltung, die zwischenzeitlich schon einmal 1600 Beamte zählte. Bislang waren es australische Finanzspritzen, die die Inselrepublik künstlich am Leben erhielten. Zuletzt floss Geld, weil das Eiland Asylbewerber beherbergte, die Canberra nicht wollte.

Auf der verzweifelten Suche nach Mitteln ist sich der Zwergstaat für kaum etwas zu schade, um Kapital aus seiner staatlichen Souveränität zu schlagen: 400 ausländische Banken eröffneten Briefkastenfilialen. Reisepässe verkaufte die Inselrepublik per Post und zum Preis von 20 000 Dollar.

Experiment Nauru gescheitert?

Die wirtschaftlichen Aussichten seien "sehr düster", schreibt auch die Asiatische Entwicklungsbank. Wichtigster Grund: Mangelnde Bereitschaft der Inselregierung, "drastische strukturelle Änderungen auf den Weg zu bringen, die entscheidend sind, um den wirtschaftlichen Niedergang abzuwenden und wieder politische Stabilität herzustellen". Hughes indes hält das Experiment Nauru für endgültig gescheitert. Der Inselstaat sollte schleunigst seine Diplomaten entlassen, seine Botschaften schließen und das 18 Sitze umfassende Parlament auflösen, rät sie.

DPA
Frank Brandmaier/DPA

PRODUKTE & TIPPS