DGB-Chef Michael Sommer hat den Durchbruch in den Bahn-Tarifverhandlungen als einen "beachtenswerten Startschuss für die Tarifrunde 2008" bezeichnet. Gleichzeitig kritisierte er die Lokführer-Gewerkschaft GDL. Der DGB stehe nach wie vor für die Tarifeinheit, wird Sommer von der "Neuen Osnabrücker Zeitung" zitiert. "Deswegen bedauern wir den tarifpolitischen Kurs der GDL."
Das ausgehandelte Ergebnis lasse sich wohl nur damit erklären, "dass notwendige strukturelle Verbesserungen für die Lokführer und aktuelle Lohnerhöhungen parallel umgesetzt werden", sagte Sommer. Der CDU-Politiker Heiner Geißler, der zeitweise als Moderator im Tarifstreit auftrat, sagte der "Passauer Neuen Presse", ein eigenständiger Tarifvertrag und eine erkennbare Lohnerhöhung für die Lokführer seien "dringend notwendig" gewesen. "Bisher waren sie unterbezahlt."
Transnet und GDBA schweigen noch
Die Konkurrenzgewerkschaften Transnet und GDBA hielten sich mit einer Bewertung zurück. Sie hatten im Juli mit der Bahn einen Tarifvertrag geschlossen. Danach erhalten die Beschäftigten 4,5 Prozent mehr Lohn und eine Einmalzahlung von 600 Euro. Bestandteil dieses Tarifwerks ist eine Revisionsklausel, die die Gewerkschaften anwenden können, wenn die Bahn mit einer anderen Organisation bessere Konditionen vereinbart.
Der Wirtschaftswissenschaftler Hans-Werner Sinn bewertete die Einigung zwischen Bahn und GDL positiv. "Das Ende dieses schrecklichen Gerangels ist eine gute Nachricht für den Wirtschaftsstandort Deutschland", so der Präsident des Ifo-Instituts München in der "Bild"-Zeitung. Gleichzeitig forderte der Wirtschaftsexperte eine schnelle Einigung auf ein gemeinschaftliches Tarifvertragswerk. "Jetzt müssen sich alle Bahngewerkschaften zusammenraufen, damit es keine zersplitterten englischen Verhältnisse gibt."
Gefahr neuer Streiks gebannt
Nach monatelangem Ringen hatten sich Bahn und GDL auf Eckpunkte eines neuen Tarifvertrags geeinigt und damit die Gefahr neuer Streiks gebannt. Die Spitzengremien der GDL gaben einstimmig "grünes Licht zur Vermeidung weiterer Arbeitskämpfe", wie der Vorsitzende Manfred Schell sagte. Die Bahn reagierte erleichtert. Beide Seiten wollen jetzt zügig weiterverhandeln, um einen Tarifvertrag bis Ende Januar unterschriftsreif zu machen. Abhängig ist eine endgültige Beilegung des seit März 2007 schwelenden Konflikts aber noch von der Haltung der beiden größeren Gewerkschaften Transnet und GDBA. Sie wollen die Vereinbarung zwischen Bahn und GDL zunächst prüfen.
Transnet und die GDBA teilten jetzt mit: "Wir erwarten, dass die Arbeitgeberseite sich an Zusagen hält, dass der Sozialverbund bei der Bahn erhalten bleibt und die Tarifverträge konflikt- und widerspruchsfrei zueinander stehen". Ihre zuständige Tarifkommission werde am 22. Januar zusammenkommen, um eine Bewertung vorzunehmen. Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee (SPD), der sich erneut in den Konflikt zwischen Bahn und GDL eingeschaltet hatte, sagt, er rechne mit Zustimmung von Tansnet und GDBA.
Den Eckpunkten zufolge soll es für die Lokführer rückwirkend zum 1. Juli 2007 eine Einmalzahlung von 800 Euro geben. Von März an sollen die Einkommen dann um acht Prozent erhöht werden, von September an um weitere drei Prozent. Dadurch ergibt sich eine Erhöhung von insgesamt elf Prozent. Die Laufzeit wurde bis Ende Januar 2009 vereinbart. Vom 1. Februar 2009 an soll sich die wöchentliche Arbeitszeit dann um eine Stunde auf 40 Stunden bei gleichem Entgelt verringern. Bahn-Personalvorstand Margret Suckale sagte, eine Einigung noch in dieser Woche sei möglich.