Die Bahn in Deutschland steht zu großen Teilen still, wieder einmal. Im völlig verhärteten Tarifkonflikt mit dem Unternehmen hat die Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) erneut zum Streik aufgerufen. An diesem Freitagmittag soll der 35-stündige Ausstand der Männer und Frauen in den Führerständen enden. Die Auswirkungen der Arbeitsniederlegungen sind enorm, nicht nur für Reisende. Das Institut der deutschen Wirtschaft in Köln schätzt, dass jeder Streiktag die Volkswirtschaft rund 100 Millionen Euro kostet.
Die Deutsche Bahn versucht unterdessen, einen völligen Kollaps des Schienenverkehrs in Deutschland zu verhindern. "Während des Streiks bietet die DB ein Grundangebot im Fern-, Regional- und S-Bahn-Verkehr an", teilte das Unternehmen mit. Dass der Konzern überhaupt einen Notfahrplan mit wenigen verkehrenden Zügen aufrechterhalten kann, verdankt er auch einem Relikt aus der Bundesbahnzeit.
Tausende verbeamtete Lokführer bei der Deutschen Bahn
Solange die Deutsche Bahn eine Behörde war, wurden Lokführer in der Regel verbeamtet. Sie hielten den Zugverkehr jahrzehntelang am Laufen, ohne Streiks. Denn Arbeitsniederlegungen sind für Beamte in Deutschland tabu. Im Gegenzug hatten sie einen sicheren Arbeitsplatz. Sie dienten so nicht den Interessen eines privaten Konzerns, sondern als Beschäftigte einer Behörde dem Gemeinwesen. Mit der Privatisierung von Deutscher Bundesbahn und Deutscher Reichsbahn war es damit endgültig vorbei: Neu eingestellte Lokführer waren fortan Angestellte der Deutschen Bahn AG oder ihrer Tochterunternehmen.
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Doch wer als Beamter bei der früheren Staatsbahn eingestellt wurde, verlor mit der Bahnreform nicht seinen Status. Diese Lokführer sind bis heute Bundesbeamte, Dienstherr ist das Bundeseisenbahnvermögen. Und die Deutsche Bahn profitiert davon. Denn an Streiks dürfen sich die verbeamteten Lokführer nicht beteiligen, sie fahren weiterhin Züge durchs Land. "Wir haben knapp 20.000 Lokführerinnen und Lokführer", teilte ein Sprecher der Deutschen Bahn auf stern-Anfrage mit. "Davon sind aktuell noch 2.300 Beamte." Dies entspricht einem Anteil von etwa 11,5 Prozent. Wie viele davon jeweils im Regional-, Fern- und Güterverkehr beschäftigt sind, konnte die Bahn nicht sagen.
Klar ist aber: Die Tendenz ist fallend. Wer als Beamter in Pension geht, wird durch einen Angestellten ersetzt. Somit werden es immer weniger Menschen, die auch in Zeiten von Arbeitskämpfen die Züge am Laufen halten.
Quellen: Deutsche Bahn, Nachrichtenagentur DPA