Das Fußballspektakel brachte mehr Fahrgäste als gedacht, der neue Berliner Hauptbahnhof funktioniert weitgehend reibungslos, und auch für die umstrittenen Börsenpläne gab es willkommene Signale: Eine komplette Herauslösung des Gleisnetzes aus dem bundeseigenen Konzern ist laut Verkehrsministerium vom Tisch. Zurücklehnen kann sich Mehdorn aber nicht. In den nächsten Wochen geht es für die Weichenstellungen gen Kapitalmarkt ums Ganze.
Bahn übertrifft Vorjahreszahlen
Ein Prüfstein ist bereits die Vorlage der Geschäftszahlen für das erste Halbjahr an diesem Montag. Dabei passt der Ort zur Botschaft: Nicht wie gewöhnlich am Firmensitz Berlin, sondern am Finanzplatz Frankfurt will Mehdorn die Zwischenbilanz erläutern. Die wichtigen Kennziffern lägen deutlich über den Vorjahreswerten, heißt es in Unternehmenskreisen. Bereits im ersten Quartal gingen Umsatz und Gewinn nach oben, die Fernzüge sind auch dank Sonderaktionen besser gefüllt, im Juni und Juli kamen 15 Millionen WM-Fahrgäste.
Der Erwartungsdruck ist hoch. Schließlich ist es der letzte ausführliche Finanzbericht, ehe voraussichtlich im September die politischen Grundsatzentscheidungen über eine Teilprivatisierung fallen sollen. Dabei ist es ein wichtiges Argument der Manager im Bahntower, ihre ehrgeizigen Gewinnplanungen einzuhalten. Das Ergebnis vor Zinsen und Steuern (EBIT) von 1,4 Milliarden Euro im vergangenen Jahr soll 2006 auf bis zu 1,9 Milliarden Euro steigen. Für 2008 ist dann der Sollwert für die Kapitalmarktfähigkeit von 2,4 Milliarden Euro angepeilt - und der Schritt an die Börse könnte kommen.
Doch das letzte Wort über das Wann und Wie liegt beim Bund als Eigentümer. Dass nach zwölf Jahren Sanierung eine Entscheidung über die Zukunft des letzten großen Staatsunternehmens ansteht, hat auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) schon signalisiert. Sie wolle die Privatisierung, "die nicht nur kommen soll, sondern kommen muss", vorantreiben, kündigte die Regierungschefin an. Näher festgelegt hat sie sich aber bisher nicht. Dabei sind noch diverse Fragen zu klären, bevor Bundestag und Bundesrat am Ende ein Privatisierungsgesetz beschließen.
Tiefensee: Keine Netzabtrennung
In einem zentralen Streitpunkt hat Verkehrsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) bereits einen Pflock eingeschlagen: Eine völlige Abtrennung des Netzes soll es nicht geben - auch wenn Verbände und Teile der Politik danach rufen, um mehr Wettbewerb auf der Schiene zu erreichen. Mehdorn hatte gegen eine solche "Zerschlagung"des Konzerns im Schulterschluss mit den Gewerkschaften Front gemacht. Ob die Bahn die 34 000 Kilometer Schienen aber einfach behalten darf, ist ungewiss. Geprüft wird derzeit auch ein Modell, wonach sie das Netz zwar weiter bewirtschaftet, das juristische Eigentum daran aber direkt beim Bund bleibt.
Wirbel gibt es auch um eine umstrittene Zuordnung von Immobilien in der Konzernbilanz, die der Bundesrechnungshof monierte. Die EU- Kommission will untersuchen, ob dadurch ungerechtfertigte Beihilfen an den Konzern flossen. Mit dem Verkehrsministerium verhandelt die Bahn daneben über eine langfristige Festschreibung der Investitionen ins Netz, die für künftige Investoren wichtig ist. Gefasst machen müssen sich die Manager aber auch auf mögliche Mehrkosten: Für Herbst hat Verbraucherminister Horst Seehofer (CSU) einen Gesetzentwurf für höhere Fahrgast-Entschädigungen bei großen Verspätungen angekündigt.
Fußballerisch gibt es für Mehdorn schon an diesem Sonntag eine Premiere einer prestigeträchtigen Neuinvestition: Wenn die Kicker von Hertha BSC zum Bundesliga-Auftakt beim VfL Wolfsburg auflaufen, prangt auf ihren Trikots das Logo der Bahn.