Nach heftigen Protesten hat die Bahn den Bedienzuschlag gekippt. Das teilte das Unternehmen in Berlin mit. "Die DB hat am heutigen Freitag entschieden, keinen Zuschlag für den personenbedienten Verkauf einzuführen", hieß es in einer Erklärung. Hintergründe der Entscheidung wurden darin nicht genannt.
Die Allianz Pro Schiene nahm die Nachricht positiv auf. "Wir begrüßen die Entscheidung. Eine unnötige Barriere für Bahnkunden wird gar nicht erst aufgebaut", sagte Geschäftsführer Dirk Flege. Auch der Fahrgastverband Pro Bahn begrüßte das Aus für den geplanten Bedienzuschlag von 2,50 Euro beim Kauf von Fernzugtickets am Schalter. "Wir sollten die Bahn loben, sie hat auf die Kunden und ihren Eigentümer gehört", sagte Pro-Bahn-Chef Karl-Peter Naumann. Es sei gut, dass die falsche Entscheidung zur Einführung der Gebühr zurückgenommen worden sei. Sie habe zu einem massiven Imageschaden geführt.
Die Bahn hatte geplant, pro Ticket 2,50 Euro zu erheben. Beim Kauf einer Hin- und Rückfahrkarte wären dann 5 Euro fällig geworden. Gegen die Einführung der Gebühr zum Fahrplanwechsel am 14. Dezember hatte es massive Proteste von Verbraucherschützern, Gewerkschaften und aus der Politik gegeben. Zunächst hatte die Bahn-Spitze darauf mit der Ankündigung von Ausnahmeregeln für Senioren und Schwerbehinderte reagiert. Wegen des anhaltenden Widerstands war der Bahn-Vorstand Freitag früh schließlich zu einer Krisensitzung zusammengekommen.
Politiker hatten die Bahn scharf kritisiert
Nach Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) hatte vor allem Verbraucherminister Horst Seehofer die Bahn zur Rücknahme ihrer Pläne für die Einführung eines Bedienzuschlages aufgefordert. Dies sei "aus einer Reihe von Gründen komplett abzulehnen", hatte der CSU-Politiker am Freitag in Berlin erklärt.
Seehofer sagte, ein Blick auf die Tarifstrukturen in anderen Ländern wie Österreich, Schweiz, Spanien oder Frankreich zeige, dass keines einen Bedienzuschlag von seinen Kunden verlange. "Vorgesehen ist eher das Umgekehrte, nämlich statt eines Zuschlags bei Bedienung am Schalter wird ein Rabatt gewährt, wenn die Kunden selbst buchen, zum Beispiel am Automaten oder per Internet", sagte Seehofer.
Einen Bedienzuschlag pauschal und unabhängig von der Entfernung zu veranschlagen, sei hochproblematisch, kritisierte er. Gerade im Regionalverkehr würde das zu erheblichen Preiserhöhungen führen.
Verweis auf Urteile zur Schaltergebühr
Seehofer wies außerdem auf die Rechtsprechung im Bankenbereich hin. Der Bundesgerichtshof habe Schaltergebühren immer wieder für unzulässig erklärt. "Überträgt man die von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze aus dem Bankenbereich auf den Bedienzuschlag, erscheint dessen rechtliche Wirksamkeit zweifelhaft", sagte der Minister.
Laut einem Bericht der Tageszeitung "Die Welt" hatte sich zuvor sogar Angela Merkel (CDU) in den Konflikt eingeschaltet. "Die Kanzlerin hat mit Bahn-Chef Hartmut Mehdorn telefoniert und dabei ziemlich deutlich ihr Unbehagen über die Bedienzuschläge zum Ausdruck gebracht", zitiert das Blatt Regierungskreise.
Der Bahn-Aufsichtsrat habe bei seiner Sitzung am Mittwoch in London die zum Dezember geplante Preiserhöhung und die neuen Zuschläge abgenickt, weil man "im Grunde Verständnis dafür habe, dass die Bahn Mehreinnahme brauche", zitierte die "Welt" ein anderes Mitglied des Gremiums.
Vor allem die Kritik der Gewerkschaften sorgte indes für Verärgerung im Konzern: "Am Mittwoch saßen die Gewerkschaftsvertreter mit am Tisch und haben kein Wort zu den Preisplänen gesagt. Und einen Tag später ist der Aufschrei groß", kritisierte ein Aufsichtsrat dem Bericht zufolge die Haltung der Bahngewerkschaft Transnet.
Bahnchef Mehdorn hatte die Gebühr zunächst grundsätzlich als unvermeidlich verteidigt, um den Schalterdienst in den Reisezentren auf dem jetzigen Niveau aufrechtzuerhalten. Parallel zum Zuschlag sollen am 14. Dezember auch die allgemeinen Fahrpreise um durchschnittlich 3,9 Prozent angehoben werden.