Noch befindet sich das Verfahren im Versuchsstadium, langfristig aber soll es den bisherigen Standard ersetzen: Die Deutsche Bahn will sich der zunehmenden Digitalisierung des Alltags anpassen und innerhalb der nächsten Jahre die klassische Fahrkarte durch digitale Tickets ersetzen. "Der Zug kann dann über das Handy eines Passagiers erkennen, dass er eingestiegen ist", sagte Bahnchef Richard Lutz der "Bild am Sonntag" (BamS). "Je nachdem, wo er aussteigt, wird die Fahrt automatisch abgerechnet werden." Die nötige WLAN-Infrastruktur existiere bereits. Auch wenn man das neue Verfahren bislang noch teste, zeigte sich Lutz überzeugt, "dass diese Entwicklung in den nächsten Jahren Stück für Stück kommen wird". Künftig werde man "kein Ticket mehr für die Bahn brauchen".
Der Fahrgastverband Pro Bahn begrüßte die Pläne, in naher Zukunft auf klassische Fahrkarten verzichten zu wollen. "Das ist der Weg, den man gehen muss", sagte Ehrenvorsitzender Karl-Peter Naumann dem "Tagespiegel" (Dienstagausgabe). Ein wachsender Teil der Bahn-Kunden wolle künftig per Smartphone bezahlen sowie ein- und auschecken. Dabei müsse allerdings der Datenschutz "sehr ernst genommen werden", fügte Nauman hinzu. Die Umstellung dürfe dabei nicht "von heute auf morgen" erfolgen, weil es immer noch viele Fahrgäste gebe, die ein Papierticket bevorzugten.
Bahnchef Lutz hatte mit Blick auf den weltweiten Hackerangriff vom Freitagabend bereits gegenüber der "BamS" betont, das Unternehmen sei auf solche Bedrohungen vorbereitet. "Die Sicherheit des Bahnverkehrs war zu jedem Zeitpunkt gewährleistet." Es gebe schon seit längerem ein Cyber-Security-Team sowie Systeme zur Früherkennung.
Bahn will Videoüberwachung "massiv ausbauen"
Darüber hinaus kündigte Lutz eine Sicherheitsoffensive an. "Wir bauen die Videoüberwachung an unseren Bahnhöfen massiv aus", sagte Lutz. "Bis Ende 2017 werden wir zusätzlich zu dem bereits geplanten Etat weitere zehn Millionen Euro investieren, um mehr als 1000 Bahnhöfe mit 7000 zusätzlichen Kameras auszustatten." 40 Bahnhöfe, darunter neun große in Berlin sowie die Hauptbahnhöfe von Düsseldorf, Essen, Hamburg und Dortmund, würden noch in diesem Jahr mit neuester Videotechnik ausgestattet oder modernisiert.
In den ersten vier Monaten des Jahres wurde die Bahn laut Lutz pünktlicher. Der Bahnchef sagte der Zeitung, derzeit seien 83 Prozent der Züge im Fernverkehr pünktlich, 2016 seien es nur 79 Prozent gewesen. Auch bei der Anschlusspünktlichkeit habe sich die Bahn verbessert. "Über 90 Prozent unserer Kunden erreichen ihre Anschlüsse. Im Nahverkehr liegt die Pünktlichkeit 2017 bisher sogar bei 95,3 Prozent."
Konkurrenz durch billigere Fernbusse
Angesprochen auf die Konkurrenz durch die billigeren Fernbusse betonte Lutz, die Bahn müsse mit Top-Service und schnellerer Reisezeit punkten. Und: "Wir können die Preise nicht mehr jedes Jahr standardmäßig um zwei, drei Prozent erhöhen."
