Der Internationale Währungsfonds (IWF) hat mit seiner Einschätzung der Lage europäischer Banken heftigen Streit mit den Euro-Staaten ausgelöst. Nach Informationen der Financial Times kommt der Fonds in einem Entwurf für seinen Finanzstabilitätsreport zu dem Schluss, dass in den Bankbilanzen riesige Löcher klaffen. Als Ursache benennt das Papier die Bestände von Anleihen europäischer Schuldenstaaten. Einer Schätzung zufolge läge das Eigenkapital der Banken um 200 Milliarden Euro oder bis zu zwölf Prozent niedriger, wenn sie ihre Anleihen aus Krisenstaaten zu Marktpreisen bewerteten. Die Europäische Zentralbank und Vertreter der Eurozone wiesen die Analyse als parteiisch und irreführend zurück.
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Die IWF-Analyse verstärkt Zweifel an der Kapitalausstattung europäischer Banken. An der Börse gehörten die Aktien von Banken am Donnerstag zu den Verlierern. Die Deutsche Bank und die Commerzbank gaben ein Prozent und mehr nach. "Die Diskussion läuft jetzt schon seit Tagen - das bringt nicht gerade Ruhe in den Sektor", sagte ein Händler.
Der Fonds unterstreicht mit den Zahlen die Forderung seiner Präsidentin Christine Lagarde nach neuen Kapitalspritzen für die Geldhäuser. Ähnliche Vorschläge kamen diese Woche vom Chef der europäischen Bankenaufsicht EBA, Andrea Enria. Er hatte angemahnt, dass der europäische Rettungsfonds EFSF notleidende Banken im Krisenfall direkt mit Geld unterstützen müsse. Beide Vorstöße wurden in den Euro-Staaten heftig kritisiert.
Die Ökonomen des IWF benutzen für ihre Schätzungen Kreditausfallversicherungen auf Anleihen der Euro-Krisenstaaten Irland, Griechenland und Portugal sowie aus Italien, Spanien und Belgien, um den Wert der Anleihen zu Marktpreisen zu schätzen. .
"Brutales Vorgehen" des IWF
Nach Angaben von IWF-Vertretern kann die Analyse einen Großteil des jüngsten Kurssturzes bei europäischen Großbanken erklären, die viele Anleihen aus Euro-Krisenstaaten halten. "Die Bewertung zu Marktpreisen ist ein recht brutales Vorgehen, doch das sind die Schätzungen, die Hedge-Fonds zurzeit vornehmen", sagte ein Vertreter. Der IWF-Entwurf wird derzeit noch diskutiert und kann verändert werden.
Hochrangige europäische Vertreter hätten im Fonds bereits lautstarke Kritik geäußert, hieß es. "Die IWF-Einschätzung ist verfälscht", sagte Spaniens Finanzministerin Elena Salgado der Financial Times. "Sie sehen nur die schlechte Seite." Salgado verwies darauf, dass der IWF im Oktober 2009 den Abschreibungsbedarf europäischer Banken überschätzt hatte und ihn um ein Viertel senken musste. Die europäischen Bankenstresstests seien ein viel verlässlicherer Indikator, sagte Salgado.