Sam Bankman-Fried Der Krypto-König ist gefallen – der Schaden bleibt

  • von John Stanley Hunter
Sam Bankman-Fried verlässt das Gericht in New York City
Sam Bankman-Fried verlässt das Gericht in New York City
© ABACAPRESS / Imago Images
Sam Bankman-Fried wurde als Wunderkind der Krypto-Szene gefeiert – bis seine Kryptobörse implodierte. In einem Betrugsprozess wurde er nun für schuldig befunden. Das Nachsehen haben die Anleger.

Bis zuletzt hatte Sam Bankman-Fried das Gefühl, die Situation unter Kontrolle zu haben. Sich rausreden zu können. In den Wochen und Monaten nach dem krachenden Ende seiner Kryptobörse FTX äußerte er sich fast täglich gegenüber Journalisten, auf Events und auf Twitter – gegen den Rat seiner Anwälte. Warum auch nicht? Schon mit 29 Jahren war er einer der reichsten Menschen auf diesem Planeten. Alles, was er bis dahin angefasst hatte, schien Gold zu werden.

Von dem Urteil dürfte er deshalb überrascht sein – obwohl es eigentlich nicht besonders überraschend kommt. Das zeigt schon die Geschwindigkeit der Entscheidung. Nach rund viereinhalb Stunden kamen die Geschworenen in der Nacht zu Freitag bereits zurück: Schuldig in allen Anklagepunkten. Der gefallene Krypto-König setzte sich und starrte auf seinen leeren Tisch. Er hatte zuvor in zwei Fällen von Betrug und fünf Fällen von Verschwörung auf nicht schuldig plädiert.

Das Strafmaß wird voraussichtlich im März verkündet, für jeden Anklagepunkt könnten es bis zu 20 Jahre Gefängnis werden – insgesamt drohen ihm 110 Jahre hinter Gittern. Bankman-Fried wird aller Voraussicht nach nie wieder ein freier Mann sein.

Veruntreuung von 8,7 Mrd. US-Dollar

Seine Geschichte zeigt wieder einmal, wozu Krypto-Gründer mit viel Überzeugungskraft im Stande sind. Anleger wähnten ihr Geld bei der damals drittgrößten Kryptobörse der Welt sicher, der Gründer wurde schließlich hochgelobt und schaffte es sogar auf das Forbes-Cover. Doch im Hintergrund brachte er seine Kunden um viel Geld, rund 8,7 Mrd. US-Dollar hat er aus reiner Gier veruntreut. Ihm wird vorgeworfen, Kundengelder verwendet zu haben, um Schulden seines Hedgefonds Alameda Research zu decken. Außerdem trennte er laut Anklage die Firmen- und Kundengelder nicht ordnungsgemäß.

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Mehr als 60 prominente Geldgeber, darunter Softbank, Ribbit, Sequoia und auch Coinbase, steckten mehr als 1,9 Mrd. Dollar in FTX. Das Unternehmen wuchs und wuchs und arbeitete intensiv an seiner Markenbekanntheit. Bankman-Fried kaufte für 19 Jahre die Namensrechte für das Stadion der Miami Heat – und der Star der US-Footballliga, Tom Brady, wurde zum „Ambassador“ ernannt.

Während der Gründer in der Öffentlichkeit weiterhin bescheiden, vertrauenswürdig und gutmütig auftrat, zeigt sich auf der Anklagebank sein wahres Gesicht:  Er war arrogant und selbstverliebt. Die Fakten sprachen klar und deutlich gegen ihn und er beteuerte weiterhin stur und fälschlicherweise, dass das Geld sicher gewesen sei. Er hörte einfach nicht auf sich herauszureden.

Noch vor anderthalb Jahren hatte Bankman-Fried bei der Finance-Forward-Konferenz von Capital und OMR um Vertrauen geworben. „Wir behandeln Kundengelder als die wichtigsten Assets auf FTX – das sind die, die wir unter allen Umständen zurückzahlen werden“, sagte er damals dem Publikum in Hamburg. Angesichts der Entwicklungen seither klingt das heute wie blanker Hohn.

Trotz des Schuldspruchs werden die Kunden den Schaden weitertragen müssen. Ob sie ihr Geld jemals wiedersehen? Unwahrscheinlich.

Der Skandal hat die Kryptowelt geprägt. Seither wollen Regulierungs- und Strafverfolgungsbehörden weltweit Härte zeigen. Die Auswirkungen vom plötzlichen Verschwinden eines so großen Players hat auch andere große Krypto-Unternehmen getroffen. Doch ob die Krypto-Anleger aus dem falschen Vertrauen in Sam Bankman-Fried wirklich gelernt hat? Das ist zu bezweifeln.

Dieser Artikel erschien zuerst bei Capital.