Finanzminister Peer Steinbrück hat das Krisenmanagement der Regierung bei der Rettung des Immobilienfinanzierers Hypo Real Estate (HRE) verteidigt. Das Abwenden der Pleite mit milliardenschweren Staatsgarantien sei "richtig gewesen", sagte der SPD-Politiker am Donnerstag vor dem HRE-Untersuchungsausschuss des Bundestages. "Wir haben weiterreichenden Schaden von unserem Land und unseren Bürgern abwenden können." Eine Insolvenz hätte zur Kernschmelze des Finanzsystem und zu einem Fiasko für die Sparer führen können. "Wir waren gezwungen zu handeln", sagte Steinbrück. Die Finanzwirtschaft hätte die Rettung der HRE nicht allein stemmen können.
Der SPD-Politiker wies Vorwürfe der Opposition zurück, sein Ministerium sei bereits Anfang 2008 über die bedrohliche Lage des Instituts informiert gewesen. Diese Behauptungen seien "falsch und irreführend und lassen sich auch nicht belegen". Die Bankenaufsicht BaFin habe die HRE noch bis in den Sommer hinein für ein solventes Unternehmen gehalten.
"Darauf war niemand vorbereitet"
Erst die Insolvenz der US-Investmentbank Lehman Brothers am 15. September habe die HRE in eine existenzbedrohende Schieflage gebracht. Durch den danach einsetzenden weltweiten Vertrauensverlust sei der Geldmarkt ausgetrocknet, auf dem sich die irische HRE-Tochter Depfa bis dahin bei anderen Banken kurzfristig mit Krediten eingedeckt habe, um das Geld langfristig wieder zu verleihen. "Darauf war niemand vorbereitet", sagte Steinbrück. Ähnlich hatten sich bei früheren Vernehmungen unter anderem Bundesbankpräsident Axel Weber und Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann geäußert.
Steinbrück räumte ein, dass bei den Verhandlungen mit der Privatwirtschaft über eine HRE-Rettung am 27. und 28. September nicht alle Informationen über die Lage des angeschlagenen Instituts verfügbar gewesen seien. "Politisch Verantwortung zu übernehmen heißt, bei unvollständigen Informationen entscheiden zu müssen", rechtfertigte sich Steinbrück. Die Regierung habe aber angemessen gehandelt. "Es war nicht die Politik, die diese Krise verursacht hat - wir haben sie gemeistert."
Opposition fordert personelle Konsequenzen
Vor Sitzungsbeginn hatte der Obmann der FDP in dem Gremium, Volker Wissing, eine erste Bilanz der monatelangen Untersuchung gezogen. Es habe sich gezeigt, dass die Strukturen der Bankenaufsicht schlecht funktionierten und dringend verbessert werden müssten, sagte er. Steinbrück warf er vor, im September 2008 zu spät auf die Schieflage der Münchener Immobilienbank reagiert zu haben. "Wie kann es sein, dass ihm ein solches Risiko entgeht?", fragte Wissing.
Die Finanzexperten von Grünen und Linken, Gerhard Schick und Axel Troost, forderten erneut die Entlassung von Finanzstaatssekretär Jörg Asmussen, Steinbrücks damaligem Chef-Unterhändler. Schick sagte, Assmussen habe massiv Sorgfaltspflichten verletzt.
Eklat vor Steinbrück-Vernehmung
Kurz vor Beginn von Steinbrücks Vernehmung war es zu einem Eklat gekommen, als vier Aktivisten der globalisierungskritischen Organisation Attac Transparente mit den Slogans "Banken zur Kasse" und "HRE-Akten öffnen" entrollten. Sie wurden von Ordnern von der Besuchertribüne abgeführt.
Der Ausschuss beleuchtet auf Druck der Opposition seit Mai das Krisenmanagement der Regierung und die Rolle der Finanzaufsicht. FDP, Grüne und Linkspartei werfen der Regierung vor, schlecht und zu Lasten des Steuerzahlers verhandelt zu haben. Die HRE wird mit Finanzhilfen von 102 Milliarden Euro - 87 Milliarden Euro kommen vom Staat - am Leben gehalten.