Nicht nur Italiener lieben die Geschichte von Pinocchio. Doch mit landeseigenen Qualitätsweinen soll die Holzfigur gefälligst nicht in Verbindung gebracht werden - schließlich ist Pinocchio auch für seine Unaufrichtigkeiten weltbekannt und dafür, dass seine Nase mit jeder Lüge ein Stückchen länger wird. Italienische Qualitätsweine hingegen sollen ehrlich bleiben und nicht nach Fass schmecken, wenn sie darin nicht gereift sind. Das will die Regierung in Rom nun mit einem Gesetz sicher stellen.
Reife und Körper wird vorgegaukelt
Die Europäische Union (EU) erlaubt seit Ende vergangenen Jahres die Verwendung von Holz-Spänen in der Weinproduktion. Diese sollen den Wein schneller altern lassen, ihm den typischen Geschmack in Eichenfässern erlangter Reife verleihen und die Produktionskosten senken. Bei Weinbauern in Amerika, Australien und Südafrika erfreut sich diese Technik bereits großer Beliebtheit.
"Das ist eine billige Abkürzung, um dem Wein Fassgeschmack zu geben. Aber wenn es nicht speziell ausgewiesen wird, kann es für die Konsumenten verwirrend werden", moniert Weinexperte Luca Lauro vom italienischen Landwirtschaftministerium. Die EU verlangt eine spezielle Ausweisung auf dem Etikett nicht, sondern verbietet lediglich die Verwendung von Begriffen wie "im Fass gereift".
Keine klare Kennzeichnung
"Wir wollen nicht, dass italienischer Wein mit im Labor hergestellter Pinocchio-Plörre verwechselt wird", sagt Paolo Corbini von der "Citta del Vino". Die Organisation hat es sich zum Ziel gesetzt, die Qualität italienischer Weine zu verteidigen. Unterstützung erhielt sie nun von der Regierung. Diese verabschiedete ein Gesetz, das die Verwendung von Spänen in Weinen verbietet, welche die nationalen Qualitätssiegel "Doc" oder "Docg" tragen.
Die EU-Regel sei ein Sieg für Länder wie Deutschland oder Großbritannien, die mehr am Weinhandel als an der Produktion interessiert sind, sagt Lauro. "Italien war dagegen und hat auf nationalem Niveau eingegriffen, um die Traditionen und wirtschaftlichen Interessen zu sichern."
Ganz so sauber ist auch Italien nicht
Allerdings erlaubt auch das italienische Gesetz die Verwendung der Holzspäne bei der Herstellung von Tafelwein - also bei etwa 70 Prozent der im Land produzierten Weine. Nicht nur der Citta del Vino geht das nicht weit genug: Die kleine Ortschaft Torrecuso in der Region Kampanien, wo unter anderem die Falanghina-Trauben wachsen, hat den künstlichen Methoden die lange Nase gezeigt und sie von ihrem Gebiet verbannt. Der Stadtrat verbot sie schlicht und machte Torrecuso damit zur ersten "Holzspäne-freien Stadt" in Italien. Darauf weisen auch Schilder am Ortseingang hin - damit das Städtchen ja nicht mit einer Produktionsstätte von Pinocchio-Weinen verwechselt wird.