Herr Börner, muss die deutsche Wirtschaft Angst vor der Krise in Amerika haben?
Über den Begriff Angst muss ich ein bisschen schmunzeln, da es ein sehr deutscher Begriff ist. Die deutschen Unternehmen sind gewohnt, sich unter widrigen Bedingungen zu behaupten.
Seit einigen Jahren wächst die Weltwirtschaft rapide. Und obwohl eine Reihe von Schwellenländern als Wettbewerber mitkonkurrieren, gehört auch Deutschland zu den Ländern, die sogar an Weltmarktanteil hinzugewonnen hat. Im Vergleich zu unseren Wettbewerbern in Europa, den USA und Japan sind wir gut aufgestellt.
Die Krise in den USA wird uns deshalb nicht das Rückgrat brechen. Einer der Hauptgründe ist, dass Deutschland einen starken Mittelstand hat. Dadurch ist die Wirtschaft beweglich, wendig und anpassungsfähig und in vielen Bereichen Weltmarktführer. In 2008 erwarten wir einen Zuwachs von fünf bis sechs Prozent. Deutschland wird damit voraussichtlich seinen Weltmarkanteil halten.
Zur Person
Anton F. Börner ist seit Januar 2001 Präsident des Bundesverbandes des Deutschen Groß- und Außenhandels. Er setzt sich ein für das Modell der negativen Einkommensteuer: Der Staat solle Niedrigverdienende bezuschussen. Dadurch könne Vollbeschäftigung erreicht werden, meint Börner.
Ganz ungeschoren werden die deutschen Unternehmen nicht davonkommen.
Die mögliche Rezession in den USA macht das US-Geschäft natürlich deutlich schwieriger. Das Hauptproblem ist die Unsicherheit, was da noch kommt und welche Bereiche möglicherweise noch betroffen sind. Experten sagen, dass wir bislang noch nicht mal die Hälfte der Risiken gesehen haben. Das ist wie eine große Blackbox - es muss nicht, aber es könnte noch etwas Schlimmes drin sein. In vier bis fünf Monaten wissen wir mehr.
Wie würde sich eine Krise denn auf die Weltwirtschaft auswirken?
Was die Auswirkungen auf die Weltwirtschaft angeht, glauben wir zwar nicht, dass diese sich von den Vereinigten Staaten abkoppeln kann. Jedoch haben sich die Kräfte verschoben: Deutschland ist gut aufgestellt in den Wachstumsmärkten Südostasien, in Russland und dem Mittleren und Nahen Osten. Gerade letztere profitieren von hohen Energiepreisen. Damit können sie unter anderem Infrastrukturmaßnahmen finanzieren, die sie dringend benötigen – und wir haben genau das passende Produkt- und Dienstleistungsangebot.
Welche Wirtschaftszweige werden besonders leiden?
Schwierig wird es beispielsweise für die deutsche Automobilindustrie, die in den USA deutlich stärker aufgestellt ist als in Südostasien. Außerdem sind hochwertige Konsumgüter wie Autos leichter durch andere Modelle zu ersetzen als Investitionsgüter. Wenn solche Anschaffungen nur ein paar Monate verschoben werden, hat das schon beträchtliche Konsequenzen. Stärker noch als der Umsatz dürfte der Gewinn der Unternehmen unter Druck geraten.
Auch die deutsche Luftfahrt wird eine mögliche Rezession in den USA hart treffen. Zudem macht sich die Dollar-Schwäche schon jetzt bemerkbar. Ausschließlich im Euroraum zu produzieren war bislang politisch gewollt. Flugzeuge werden aber allgemein in Dollar verkauft, das macht die Unternehmen sehr anfällig für Wechselkursschwankungen. Letztlich ist das Ausmaß der Krise in den USA aber noch gar nicht absehbar.
Ist es sinnvoll, gleich in den USA zu produzieren und nicht dorthin zu exportieren?
Das kommt sehr auf den Einzelfall an. Es ist sehr schwierig, einen Standort im Ausland aufzubauen, das gilt auch für die USA. Die Kosten sind sehr hoch, außerdem ist es ein komplexes und kompliziertes Unterfangen, das zumindest für viele Mittelständler nicht zu stemmen ist.
Welche Produkte sind die Exportschlager der Zukunft?
Es gibt gewisse Megatrends, die sich identifizieren lassen. Wenn wir in die Statistik schauen, machen der Maschinen- und Anlagebau, die Chemie und die Automobilindustrie 70 bis 80 Prozent der deutschen Exporte aus. Das ist seit vielen Jahren unverändert. Stark im Kommen sind Zukunftstechnologien wie Umweltschutz und erneuerbare Energien.
Die Megatrends sind das Energiesparen (Stichwort CO²-Sparen) und Be- und Entwässerungsanlagen. Außerdem gibt es starken Entwicklungsbedarf in Schwellenländern was konventionelle Energieerzeugung und -versorgung oder auch Infrastruktur wie Verkehr oder Telekommunikation angeht.
In den USA kann Deutschland besonders punkten mit Umweltschutz und energiesparenden Technologien. Wo starkes Wachstum ist, spielt der Preis eine weniger dominante Rolle.