Nach dem Konflikt mit dem Bodenpersonal rollt auf die Lufthansa eine noch weitaus größere Streikwelle zu. In den kommenden Tagen ist ein Warnstreik von bis zu 5.000 Flugkapitänen möglich, wie der Sprecher der Pilotenvereinigung Cockpit, Markus Kirschneck, sagte. Ein offizieller Beschluss stehe aber noch aus. Einen Ausstand in dieser Woche bezeichnete er als "sehr wahrscheinlich". Mehrere Tariffragen seien offen.
Im Konflikt mit den Piloten könne nur noch ein Durchbruch in den verschiedenen festgefahrenen Verhandlungen Abhilfe schaffen, sagte der Cockpit-Sprecher. An dem Warnstreik beteiligen würden sich unter anderem die rund 1.100 Piloten der Lufthansa-Töchter Cityline und Eurowings, die von der Airline einen Ausgleich für Minusrunden der vergangenen Jahre sowie einen angemessene Beteiligung am Konzernergebnis fordern. Bislang gebe es aber kein verhandlungsfähiges Angebot, sagte der Sprecher. Beteiligen würden sich ferner rund 3.500 weitere Piloten, um unter anderem die Gründung einer übergeordneten Personalvertretung für alle Lufthansa-Piloten durchzusetzen. Auch weitere Piloten könnten sich anschließen, so dass insgesamt mit einem Ausstand von rund 5.000 Kapitänen zu erwarten sei. Zuletzt hatten die rund 1.100 Piloten von Cityline und Eurowings 36 Stunden lang gestreikt, fast 1.000 Flüge mussten gestrichen werden. Damit drohen der Lufthansa nun folgenschwerere Streiks als zuletzt beim Bodenpersonal, das seinen Ausstand am Samstag beendete.
Das letzte öffentlich gemachte Angebot der Lufthansa sah für die Piloten von Cityline insgesamt 5,5 Prozent plus eine Einmalzahlung vor. Den Eurowings-Piloten bot der deutsche Branchenprimus zuletzt 6,5 Prozent und eine Einmalzahlung.
"Gewerkschafter sollten Bsirske Stuhl vor die Tür setzen"
Politiker von Union und FDP forderten ver.di-Chef Bsirske wegen seines derzeitigen Südsee-Urlaubs zum Rücktritt auf. "Bsirske agiert nach dem Motto: links reden, rechts leben. Eigentlich müsste er jetzt zurücktreten", sagte der CSU-Wirtschaftsexperte Hans Michelbach der "Bild"-Zeitung. FDP-Generalsekretär Dirk Niebel sagte, Bsirske solle in der Südsee bleiben: "Wenn er jetzt nicht zurücktritt, sollten ihm die Gewerkschafter den Stuhl vor die Tür setzen." Ver.di nannte die Forderungen am Wochenende absurd. Bsirske erhielt den Freiflug, weil er auch stellvertretende Vorsitzender des Lufthansa-Aufsichtsrates ist.
Montag fallen 130 Flüge aus
Die Lufthansa kämpft unterdessen weiter gegen die Folgen des Streiks beim Bodenpersonal. Am Montag sollen erneut rund 130 Flüge gestrichen werden, wie Unternehmenssprecher Michael Lamberty sagte. 30 davon seien Langstreckenflüge. Erst ab Dienstag werden es voraussichtlich noch 40 Flüge täglich sein. Grund für die andauernden Verzögerungen sei, dass wegen des Streiks zahlreiche Flugzeuge nicht gewartet oder repariert wurden. Fluggäste können sich unter lufthansa.com und 0800-8506070 informieren. Die Lufthansa und die Gewerkschaft ver.di hatten sich am Freitag auf einen Tarifabschluss geeinigt, nach dem die Bezüge der rund 34.000 Beschäftigten des Bodenpersonals in zwei Stufen um 7,4 Prozent steigen.