Milch-Boykott Der Handel soll's richten

Um ihren Protesten Nachdruck zu verleihen, haben Bauern viele große Molkereien mit Traktoren blockiert. Seit Tagen läuft bereits ein Boykott, um höhere Preise für Milch zu erzwingen. Bislang vergeblich. Nun sollen Verhandlungen mit dem Einzelhandel die Wende bringen.

Unzufrieden mit dem Milchpreis: Ein Bauer nimmt mit seinem Traktor an den Blockaden teil

Vor den ersten Verhandlungen zwischen Milchbauern und dem Einzelhandel an diesem Montag haben die Landwirte ihre Proteste unvermindert fortgesetzt. Die Bauern blockierten am Morgen zahlreiche Molkereien und verhinderten so die Anlieferung und Auslieferung der Milch.

Spitzenvertreter der Bauernverbände und des Lebensmittel-Einzelhandels wollen am Abend zusammentreffen, um über einen höheren Milchpreis zu verhandeln. Die Bauern wollen in den Gesprächen erreichen, dass die Preissenkung für Milch und Milchprodukte vom 21. April zurückgenommen wird. Bis zu diesem Zeitpunkt hätten sie für einen Liter Milch noch mehr als 40 Cent bekommen. Derzeit seien es nur 27 bis 35 Cent.

Gespräche zwischen Vertretern der Bauern und der Milchindustrie hatten in der Nacht zu Montag keinen Durchbruch gebracht. Um den Druck zu erhöhen, haben Bauern daher in mehreren Bundesländern erneut Molkereien blockiert. Wütende Landwirte verstellten mit Traktoren die Zufahrten der beiden rheinland-pfälzischen Großmolkereien Hochwald in Thalfang und Milch-Union Hocheifel (MUH) in Pronsfeld. "Es kann im Moment keine Milch mehr rein und keine Milch mehr raus", sagte der Landesvorsitzende des Bundesverbandes Deutscher Milchviehhalter (BDM), Oliver Grommes. Eine MUH-Sprecherin bestätigte die Angaben. Im Nachbarland Hessen waren nach Angaben der Polizei unter anderem die Hochwald Nahrungsmittel-Werke in Hungen und ein Betrieb der Schwälbchen Molkerei in Marburg betroffen.

Sobald der Einzelhandel von seinen Kunden höhere Preise für Milch verlange und entsprechend mehr an die Molkereien zahle, müsse dieses Geld bei den Bauern ankommen, forderte ein Sprecher des Deutschen Bauernverbands (DBV). Dies habe die Molkereiwirtschaft, die in der Lieferkette zwischen den Bauern und dem Einzelhandel steht, bei dem Gespräch in der Nacht zu Montag auch zugesichert.

In zahlreichen Bundesländern hatten die Milchbauern ihren Lieferboykott am Wochenende fortgesetzt. In Leppersdorf in Sachsen blockierten rund 200 Milchbauern auch in der Nacht zu Montag die Zufahrt zur Sachsenmilch-Molkerei. Mit acht Traktoren, Autos, Fuhrwerken und Lastwagen blockierten sie die Zufahrt zu dem Werk, das zur Müller-Gruppe gehört. In Oberschönegg in Bayern fuhren am Sonntagabend ab 21.00 Uhr rund 100 Traktoren zu einer Molkerei der Firma Ehrmann. Laut Polizei in Memmingen kündigten sie an, die Molkerei bis Montagvormittag zu blockieren.

Produzenten und Handel sind unterschiedlicher Auffassung darüber, ob der Streik zu Lieferengpässen führen wird. Während der BDM vor einer Woche angekündigt hatte, dass viele Supermarktregale bereits am (vergangenen) Freitag leer seien, hat der Verband der privaten Milchwirtschaft bislang stets widersprochen. Lieferengpässe oder leere Regale seien nicht zu befürchten.

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DPA/AP/Reuters