Mittel gegen Wirtschaftskrise Ruf nach weiterem Konjunkturpaket

Die Bundesregierung wird im Frühjahr ein weiteres Paket auf den Weg bringen, um die Rezession zu bekämpfen. Da ist sich der Wirtschaftsweise Bert Rürup sicher. Auch SPD-Chef Franz Müntefering fordert ein zweites Konjunkturprogramm und macht sich erneut für Konsumgutscheine stark - doch die Deutschen wollen gar keine Checks vom Staat.

Der Wirtschaftsweise Bert Rürup erwartet ein weiteres Konjunkturprogramm der Bundesregierung im kommenden Frühjahr. "Was die Bundesregierung auf den Weg gebracht hat, ist ein richtiger Schritt in die richtige Richtung", sagte der Vorsitzende des Wirtschafts-Sachverständigenrats der in Düsseldorf erscheinenden "Rheinischen Post". "Aber es ist vom Volumen her noch nicht ausreichend. Ich denke, die Bundesregierung wird sich Anfang des nächsten Jahres noch einen weiteren Schritt überlegen." Wichtig sei dabei, dass das zusätzliche Konjunkturprogramm "zeitnah, zielgerichtet und zeitlich befristet" sein müsse.

Die Prognose von Deutsche-Bank-Chefvolkswirt Norbert Walter, die Wirtschaft werde im nächsten Jahr um bis zu vier Prozent einbrechen, hält Rürup für "außerordentlich pessimistisch". Gleichzeitig räumte Rürup ein, die eigene Prognose des Wirtschafts-Sachverständigenrats würde "im Lichte der Entwicklung heute möglicherweise anders ausfallen". Der fünfköpfige Sachverständigenrat geht in seinem Jahresgutachten vom 12. November von einem Nullwachstum für 2009 in Deutschland aus.

Der SPD-Vorsitzende Franz Müntefering rief dazu auf, die Arbeit an einem zweiten Konjunkturpaket voranzutreiben. Möglicherweise reichten die derzeitigen Maßnahmen im Kampf gegen die Rezession nicht aus, sagte Müntefering in einem Interview des Nachrichtenmagazins "Focus". Die Politik müsse sich daher darauf vorbereiten, im Ernstfall "schnell und zielführend" handeln zu können. Jetzt gehe es nicht um Parteitaktik, sondern "um staatspolitische Verantwortung fürs Ganze", mahnte er. Allerdings sei das ganze Ausmaß der Krise zum derzeitigen Zeitpunkt noch gar nicht abzuschätzen.

Müntefering forderte ein geschlossenes Vorgehen von Bund, Ländern und Gemeinden für mehr Arbeit und Beschäftigung. "Da geht es nicht darum, auf Staatskosten den Wald zu fegen, sondern um ökonomisch, ökologisch und gesellschaftlich sinnvolle Dinge", betonte der SPD-Chef. Es gebe eine Menge zu tun - etwa bei Bahnhöfen, Krippen, Energieeffizienz von Gebäuden oder beim Bau altersgerechter Wohnungen.

"Warum müssen Eltern die Schulräume streichen, warum geht das nicht als Auftrag an den örtlichen Maler?", fragte der SPD-Chef und unterstützte damit einen Vorstoß von Bildungsministerin Annette Schavan (CDU), die in der "Süddeutschen Zeitung" ein Milliardenprogramm zur Modernisierung von Schulen und Universitäten ins Gespräch brachte.

Drei von vier Deutschen gegen Konsumgutscheine

Müntefering sprach sich in dem "Focus"-Interview auch erneut für Steuerschecks zur Anregung des Konsums aus. Der Grundgedanke dieser Scheine sei richtig: "Leute, kauft!" Allerdings gebe es viele Fragen zur Umsetzung. "Zum Beispiel: Kann man diese Schecks gezielt als Anreiz für bestimmte untere Einkommensgruppen ausgeben?" Eine generelle Erhöhung der Arbeitslosengeld-II-Sätze lehnte der SPD-Chef ab.

Die große Mehrheit der Bevölkerung lehnt die Ausgabe von Konsumgutscheinen allerdings ab. In einer repräsentativen Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Emnid für "Bild am Sonntag" sprachen sich 74 Prozent der Befragten gegen Konsumgutscheine aus; 21 Prozent halten die Idee demnach für ein sinnvolles Mittel im Kampf gegen die Wirtschaftskrise. Auch bei den SPD-Wählern kommen die Gutscheine nicht gut an: Zwei Drittel (66 Prozent) lehnen die Idee ab; 28 Prozent halten sie für sinnvoll.

AP · Reuters
dpa/Reuters/AP