Die Krisensitzung über die Rettung des schwer angeschlagenen Mobilfunk-Unternehmens MobilCom bei Bundeswirtschaftsminister Werner Müller hat am Sonntag zunächst kein greifbares Ergebnis erbracht. Müller sagte am frühen Abend in einer Sitzungspause, die Rechte aus dem Vertrag mit France Télécom würden als »belastbar« eingestuft. Allerdings werde noch die wirtschaftliche Lage von MobilCom geprüft. Über eventuelle Bürgschaften sei zunächst nicht gesprochen worden. Ein Insolvenzantrag von MobilCom blieb am Wochenende zunächst aus.
An dem Krisengespräch bei Müller nahmen MobilCom-Chef Thorsten Grenz, Schleswig-Holsteins Wirtschaftsminister Bernd Rohwer sowie Vertreter des Kanzleramtes und des Finanz- und Justizministeriums teil. Die »Bild«-Zeitung hatte am Samstag berichtet, der Bund und das Land Schleswig-Holstein wollten kurzfristige Bankkredite bis zu 200 Millionen Euro durch Staatsbürgschaften absichern.
Franzosen gelassen wegen möglicher Klagen
MobilCom mit mehr als 5000 Mitarbeitern steht nach dem Rückzug des Großaktionärs France Télécom vor dem Aus. Nach Auffassung von MobilCom hat der französische Konzern allerdings die Finanzierung vertraglich zugesichert. Die Bundesregierung hatte MobilCom bereits juristische Unterstützung in Aussicht gestellt. Die Franzosen zeigen sich allerdings angesichts möglicher Klagen gelassen.
Schmid fordert Hilfen aus der Politik
Firmengründer und Mehrheitsaktionär Gerhard Schmid forderte eine »politische Lösung, um die Insolvenz zu vermeiden.« Kurzfristig müsse die Politik ungesicherte Liquidität überbrücken, sagte der ehemalige Unternehmenschef der »Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung«. Berlin müsse auf Frankreichs Regierung einwirken, damit France Télécom vertragliche Verpflichtungen erfülle. Der französische Konzern müsse die Schulden übernehmen und sie MobilCom erlassen, forderte er im »Tagesspiegel am Sonntag«. Die Franzosen geben Schmid die Hauptschuld an die Krise des Unternehmens.
Schmid übte sich ungeachtet der kritischen Lage in Zuversicht: »So, wie es aussieht, gehört MobilCom zu den Gewinnern. Ich bin überzeugt, MobilCom wird überleben.« Auch Schleswig-Holsteins Ministerpräsidentin Heide Simonis bekräftigte, dass MobilCom eine Zukunft habe. Der Betrieb des zweitgrößten deutschen Mobilfunkers ohne eigenes Netz geht weiter, für die Kunden ändere sich nichts, betonte die MobilCom AG.
Opposition warnt vor Bürgschaftszusagen
Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) hatte angekündigt, sich für den Fortbestand von MobilCom einsetzen zu wollen. Der wirtschaftspolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Matthias Wissmann, warnte am Samstag unter Hinweis auf die Erfahrungen mit dem Bauriesen Philipp Holzmann vor Bürgschaftszusagen Schröders. Die Philipp Holzmann AG musste gut zwei Jahre nach der spektakulären Rettung durch Schröder dieses Jahr wieder Insolvenz anmelden.
MobilCom kann nicht mehr kassieren
Als weiteres Problem kann MobilCom nach eigenen Angaben von einem großen Teil seiner Kunden die Rechnungen nicht mehr kassieren. Die Deutsche Bank habe den Lasteneinzug eingestellt, sagte MobilCom- Aufsichtsratschefs Klaus Ripken der »Welt am Sonntag«.
Angedrohten Klagen nach dem Rückzug bei MobilCom gibt die France Télécom wenig Chancen. »Wir sind juristisch in einer sehr soliden Position«, bekräftigte France-Télécom-Vorstand Jean-François Pontal laut der französischen Zeitung »Le Figaro« vom Samstag. MobilCom hatte erklärt, es würden Klagen auf Schadenersatz geprüft. Schmid wirft den Franzosen Vertragsbruch vor kündigte bereits eine Milliardenklage gegen den französischen Konzern an, der an MobilCom 28,5 Prozent hält.
900 Millionen für mögliche Rechtsstreitigkeiten
Insgesamt hat France Télécom nach Worten von Finanzchef Jean-Louis Vinciguerra in Zusammenhang mit dem Rückzug für mögliche juristische Auseinandersetzungen 900 Millionen Euro zurückgestellt.
Simonis sieht nun auch die Banken in der Pflicht. »Schließlich haben sie auch Kredite gegeben, um Geschäfte mit MobilCom zu machen. Deshalb müssen sie jetzt ihren Teil zur Rettung von MobilCom beitragen«, sagte sie der »Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung«.