Die Leistungen für Arbeitslose in Deutschland fallen im europäischen Vergleich eher dürftig aus. Dies geht aus aktuellen Vergleichsdaten der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) hervor, die am Donnerstag in Berlin vorgestellt wurden. Dabei zeigte sich zugleich, dass es für Erwerbslose mit Kindern kaum attraktiv ist, einen gering bezahlten, aber existenzsichernden Job aufzunehmen. Grund sind laut OECD hohe Sozialabgaben für Geringverdiener und "die unspezifische Förderung von Minijobs".
Ein alleinstehender Durchschnittsverdiener erhält nach fünf Jahren Arbeitslosigkeit über Hartz IV nur noch 36 Prozent seines früheren Nettolohns. Deutschland steht damit auf Platz 14 unter den 29 OECD-Ländern und nur knapp über dem OECD-Schnitt. Die höchsten Ersatzleistungen für Alleinstehende werden in den Niederlanden, Dänemark und Irland gezahlt.
Generell sind in Deutschland unter den Langzeitarbeitslosen Singles oder kinderlose Paare im internationalen Vergleich schlechter gestellt als Alleinerziehende oder Familien mit Kindern. Denn ein Durchschnittsverdiener mit zwei Kindern und nicht erwerbstätigem Ehepartner bekommt in Deutschland nach fünf Jahren Arbeitslosigkeit noch 63 Prozent seines früheren Nettoeinkommens ersetzt. Das ist deutlich mehr als der OECD-Schnitt von 55 Prozent. Auch ein Alleinerziehender mit zwei Kindern erhält unter gleichen Umständen 61 Prozent des letzten Verdienstes - im OECD-Schnitt sind es hingegen 49 Prozent. Hier werden in den Niederlanden, Dänemark und Australien die höchsten Transfers gewährt.
Während die Transfers für kinderlose Langzeitarbeitslose und Mehrverdienerhaushalten im Zuge der Hartz-Reformen deutlich zurückgegangen sind, hat es in den vergangen Jahren für Alleinerziehende und erwerbslose Paare mit Kindern kaum Veränderungen bei den Lohnersatzraten gegeben. Trotzdem ist das Armutsrisiko dieser Gruppe bei Langzeitarbeitslosigkeit im internationalen Vergleich sehr hoch. "Das sehr hohe Armutsrisiko der Alleinerziehenden in Deutschland ist vor allem die Folge einer ausgesprochen geringen Erwerbsbeteiligung", sagte OECD-Experte Herwig Immervoll.
Auch in der ersten Zeit direkt nach Jobverlust sind in Deutschland Familien mit Kindern und Alleinerziehende im internationalen Vergleich besser gestellt als Singles oder Paare ohne Kinder. So bekommt ein alleinstehender Durchschnittsverdiener direkt nach Jobverlust 60 Prozent seines Nettolohns ersetzt. Deutschland rangiert damit leicht über dem OECD-Schnitt. Den höchsten Lohnersatz erhält ein Single mit Durchschnittsverdienst in Luxemburg, Portugal, den Niederlanden und der Schweiz.
Auch bei Alleinerziehenden und Familien mit zuvor nur einem Verdiener beträgt der Lohnersatz mit 70 Prozent beziehungsweise 72 Prozent des letzten Nettoeinkommens - einschließlich Kindergeld - etwas mehr als der OECD-Schnitt.
Schlechter stehen Geringverdiener da: Sie bekommen zwar ebenfalls 60 Prozent Lohnersatz, liegen damit aber im unteren Drittel der OECD-Länder. Kleinverdiener mit Kindern, die ihren Arbeitsplatz verlieren, sind dagegen im OECD-Vergleich immerhin durchschnittlich abgesichert. Vergleichsweise gut ist im ersten Jahr die Absicherung bei Paaren, wenn der andere Partner noch arbeitet: Anders als in anderen Staaten wird der Verdienst des Partners nicht auf das Arbeitslosengeld (ALG I) angerechnet.
Auffällig ist, dass in Deutschland trotz der Hartz-Reformen Langzeitarbeitslose nach wie vor vergleichsweise wenig finanzielle Anreize haben, eine gering bezahlte Beschäftigung anzunehmen. So muss ein Alleinerziehender oder verheirateter Alleinverdiener mit zwei Kindern Einkommen von mehr als 60 Prozent des Durchschnittslohns erzielen, ehe das Nettoeinkommen merklich über dem liegt, was ihm an Sozialtransfers zusteht.