Schuldenkrise in Italien Showdown für Silvio Berlusconi

In Rom machen Rücktrittsgerüchte die Runde, doch noch dementiert Silvio Berlusconi - und flüchtet nach Mailand. Italiens Premier steht der Tag der Entscheidung bevor.

Die Einschläge kommen näher für den taumelnden "Cavaliere": Silvio Berlusconi sah sich am Montag genötigt, Berichte über einen bevorstehenden Rücktritt zurückzuweisen. Zwei Vertraute des italienischen Regierungschef hatten zuvor gesagt, die Demission Berlusconis sei nur noch eine Frage der Zeit. Selbst Innenminister Roberto Maroni vom Koalitionspartner Lega Nord war kurz vor einer für Dienstag angesetzten Haushaltsabstimmung im Parlament skeptisch, dass die Regierung noch eine Mehrheit habe.

Die Aktienmärkte zeigten sich schon in Vorfreude: Die Mailänder Börse legte aufgrund der Rücktrittsgerüchte in nervösem Handel genauso zu wie zwischenzeitlich der Dax in Frankfurt. Ein Ende der Ära Berlusconi würde von den Märkten als Hoffnungssignal für nachhaltige Reformen bewertet, sagte ein Börsianer. Italienische Anleihen dagegen standen mal wieder unter Druck. Angesichts der wachsenden Zweifel, dass Italien seine Schulden von 120 Prozent der Wirtschaftsleistung zurückzahlen kann, fordern Investoren immer höhere Risikoaufschläge für die Bonds des Mittelmeer-Anrainers. Die Rendite für zehnjährige italienische Staatsanleihen stieg am Montag auf einen Rekordwert von 6,638 Prozent.

Berlusconi kämpft

Am Dienstag steht in Rom eine Parlamentsabstimmung über die öffentlichen Finanzen an, über deren Ausgang die Regierung von Berlusconi stürzen könnte. Der Ministerpräsident gibt sich noch kämpferisch. "Gerüchte über meinen Rücktritt entbehren jeder Grundlage", erklärte der 75-Jährige, den all seine Sexskandale nie so unter Druck setzten wie jetzt die hohe Staatsverschuldung, auf seiner Facebook-Seite. Ähnlich äußerte sich auch der Fraktionschef von Berlusconis Partei der Freiheit, Fabrizio Cicchitto: "Ich habe vor kurzem mit dem Ministerpräsidenten gesprochen, und er sagte mir, die Gerüchte über seinen Rücktritt sind gegenstandslos."

Die Berlusconi nahestehenden Publizisten Giuliano Ferrara und Franco Bechis sprachen dagegen vom bevorstehenden Rücktritt des "Cavaliere". "Es ist eine Frage von Stunden, manche sagen von Minuten", erklärte Ex-Minister Ferrara, der jetzt Chefredakteur der Zeitung "Foglio" ist. Bechis von der Zeitung "Libero" äußerte auf Twitter die Erwartung, dass Berlusconi am Montagabend oder Dienstagmorgen zurücktreten werde. Der Premier selbst hatte sich am Montag nach Mailand zurückgezogen - die Ruhe vor dem Sturm.

Druck aus Brüssel

Auch außenpolitisch steigt der Druck auf die Regierung Berlusconi. In dieser Woche wird eine Expertengruppe aus Brüssel in Rom erwartet. Sie soll im Auftrag die italienischen Sanierungsbemühungen kontrollieren. Noch im November sollen die Experten den 17 Euro-Staaten aktuelle Daten liefern. Auf dieser Basis wollen schließlich die Euro-Finanzminister politische Schlussfolgerungen ziehen.

Wolfgang Schäuble und Kollegen beschäftigen sich aber schon am Montagabend mit Italien und seiner prekären Finanzlage. Finanzminister Giulio Tremonti werde erklären müssen, "wie und wann Italien seine Verpflichtungen einhalten wird", sagte ein Sprecher der EU-Kommission. Zugleich machte Brüssel klar: Auch wenn Italien seinen umstrittenen Premier los ist, wird es unter verschärfter Beobachtung bleiben.

DPA · Reuters
ben/DPA/Reuters