In der Telekom-Affäre haben Innenminister Wolfgang Schäuble (CDU) und Konzernchef René Obermann über mögliche Konsequenzen aus der Bespitzelung von Managern und Journalisten beraten. Über Ergebnisse dieses Gesprächs und einer anschließenden Diskussionsrunde mit Branchenvertretern wollte das Ministerium am Nachmittag in Berlin die Öffentlichkeit informieren. Mehrere Telekom-Konkurrenten hatten die Einladung von Schäuble ausgeschlagen.
Regierungssprecher Ulrich Wilhelm lehnte übereilte Entscheidungen ab. Es müsse sorgfältig und ohne Hektik überlegt werden, ob gesetzliche Folgerungen notwendig seien, sagte Wilhelm. Die schwerwiegenden Vorkommnisse bei der Telekom müssten umfassend aufgeklärt, die Schuldigen zur Rechenschaft gezogen und eine Wiederholung vermieden werden.
In der Affäre wurden wahrscheinlich keine Verbindungsdaten von Regierungsmitgliedern ausgeforscht. "Ich selber habe darauf keine Hinweise", sagte Wilhelm. Der Bund ist als Großaktionär im Aufsichtsrat von Europas größtem Telekomkonzern vertreten.
Die Grünen wollen die Bespitzelungsaffäre in dieser Woche im Bundestag zur Sprache bringen. Die beschlossene Vorratsdatenspeicherung bei der Terrorabwehr müsse zurückgenommen werden. "Der Abhörskandal bei der Telekom zeigt: Der beste Datenschutz ist immer noch die Datenarmut", sagte der Parlamentarische Geschäftsführer Volker Beck. Unterstützung erhielt er von der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi.
Der stellvertretende Telekom-Aufsichtsratsvorsitzende und Verdi-Bundesvorstand Lothar Schröder kritisierte die Speicherung von Verbindungsdaten für einen Zeitraum von sechs Monaten: "Ich halte das für einen absoluten Unsinn", sagte Schröder im ZDF. "Deswegen wird Verdi in dieser Frage auch Verfassungsklage erheben." Der SPD-Politiker Klaus-Uwe Benneter forderte schärfere Strafen für Unternehmen, die gegen den Datenschutz verstoßen.
Die Deutsche Telekom hat eingeräumt, dass zwischen 2005 und 2006 mindestens ein Jahr lang Telefondaten ausspioniert worden sind. Ziel soll gewesen sein, die Veröffentlichung von vertraulichen Informationen zu unterbinden.
Auf die Frage, ob Telekom-Chef Rene Obermann in der Affäre erst dann an die Öffentlichkeit gegen sei, als sich nichts mehr verschweigen ließ, sagte Schäuble: "Bisher habe ich nicht gehört, dass er in dem Verfahren von der Staatsanwaltschaft irgendwie Beschuldigter wäre. Es ist ja auch nicht meine Sache, jetzt Vertrauenserklärungen abzugeben oder keine." Man dürfe aber nicht vergessen, dass es die Telekom und Obermann gewesen seien, die Strafanzeige erstattet hätten.