Die gemütlichen Tage unter der italienischen Sonne sind für Alexej Mordaschow erst mal vorbei. Nachdem Anfang März bereits die Luxus-Jacht des russischen Oligarchen im Hafen von Imperia festgesetzt wurde, ereilte nun auch Mordaschows Villa auf Sardinien das gleiche Schicksal. 105 Millionen Euro ist das Luxus-Anwesen in der Hafenstadt Portisco wert, wie italienische Behörden am Freitagabend mitteilten. Die Jacht "Lady M" soll 65 Millionen Euro wert sein.
Auf diese von der italienischen Finanzpolizei beschlagnahmten Vermögenswerte kann Mordaschow nun erst einmal nicht zugreifen. Denn der schwerreiche Unternehmer steht auf der Sanktionsliste der EU, mit der russische Oligarchen für Putins Angriffskrieg auf die Ukraine abgestraft werden. Für die deutschen Behörden gestaltet sich der Zugriff auf Mordaschows Vermögen allerdings komplizierter, denn der Unternehmer versucht die Sanktionen mit einem Trick zu umgehen.
Mordaschow ist hierzulande als Hauptaktionär des Reisekonzerns Tui bekannt, von dem er 34 Prozent der Anteile hielt. Doch wie nun herauskommt, hat Mordaschow am 28. Februar – wenige Stunden vor Inkrafttreten der Sanktionen – einen Großteil seiner Tui-Anteile schnell noch abgestoßen. Und die Begünstigte in einem komplizierten Finanzgeschäft ist offenbar keine Geringere als eine gewisse Marina Mordaschowa, die Ehefrau des Oligarchen.
Wer kontrolliert jetzt Tui?
Mordaschowa steht als Gesellschafterin hinter einer Firma namens Ondero, die Mordaschows Firma Unifirm übernommen hat und damit auch 29,87 Prozent von Mordaschows Tui-Anteilen. Ondero residiert auf den Jungferninseln, einer einschlägigen Steueroase in der Karibik, Unifirm sitzt auf Zypern. Da der übernommene Tui-Anteil noch knapp unter 30 Prozent liegt, musste Ondero auch kein Pflichtangebot gegenüber den übrigen Tui-Aktionären machen. Die restlichen 4,1 Prozent übertrug Mordaschow an seine russische Severgroup. Dass Mordaschowa hinter Ondero steht, hat auch Tui erst nachträglich erfahren. Über den Dreiecks-Deal mit seiner Frau könnte Mordaschow den Einfluss bei Tui wahren.
Alexej Mordaschow ist Chef des Stahlkonzerns Severstal und einer der reichsten Russen überhaupt. 2021 betrug sein Vermögen laut dem US-Magazin Forbes geschätzte 29 Milliarden Dollar. Die EU hat ihn wegen seiner "Verbindungen zu russischen Entscheidungsträgern" auf die Sanktionsliste gesetzt. Die Bank Rossiya, an der er Anteile hält, sei die persönliche Bank hochrangiger Beamter. Zudem habe er Windkraft-Geschäfte auf der besetzten Halbinsel Krim getätigt und besitze Anteile an Fernsehsendern, "die aktiv die Politik der russischen Regierung zur Destabilisierung der Ukraine unterstützen". Mordaschow hingegen hatte erklärt, mit der Entstehung "der aktuellen geopolitischen Spannungen" habe er "absolut nichts zu tun". Er sei nur ein Geschäftsmann und habe der Politik nie nahegestanden.
Ob Mordaschow mit seinem Tui-Trick tatsächlich durchkommt, ist unklar. Das Bundeswirtschaftsministerium prüft laut Tui derzeit, ob sich Mordaschow damit unrechtmäßig den Sanktionen entzogen hat. Für den deutschen Staat ist die Sache gleich doppelt pikant: Schließlich hat er den weltgrößten Touristikkonzern in der Coronakrise mit einem milliardenschweren Hilfskredit gestützt. Die Staatsanwaltschaft Hannover prüft laut Süddeutscher Zeitung ebenfalls, ob ein Anfangsverdacht einer Straftat vorliegt.
Allerdings hat Mordaschow offenbar durchaus Chancen, durch die Lücken des Sanktionsnetzes zu rutschen. Lothar Harings, Vorsitzender des Europäischen Forums für Außenwirtschaft, sagte dem Handelsblatt: "Die Ehefrau unterfällt nicht automatisch den Beschränkungen, da es nach deutschem und europäischem Rechtsverständnis keine Sippenhaft gibt." Vom neuen Tui-Eigner Ondera ist jedenfalls kaum Mithilfe zu erwarten. Das Unternehmen hat bislang nicht einmal bestätigt, dass Mordaschowa die Ehefrau des Oligarchen ist.