Russland Neue Signale lassen Yukos hoffen

Der Kreml tritt auf die Bremse: Der innerrussische Wirbel um Yukos hat mit seinen Auswirkungen auf die Weltmärkte die Großverbraucher USA und China auf den Plan gerufen.

Russische Medien berichteten von ärgerlichen Anrufen aus Peking und Washington, die offenbar im Kreml Wirkung zeigten. Die jüngsten Entwicklungen um Yukos geben den Aktionären wieder Hoffnung auf eine glimpfliche Lösung. Selbst die Anzeichen auf Insider-Geschäfte an der Börse sind fürs erste verschwunden.

Juganskneftegas erstmal aus der Schusslinie

Die vom Kreml instruierten Justizbehörden trafen zum ersten Mal seit Monaten eine wichtige Entscheidung zugunsten von Yukos. Der zum Zwangsverkauf anstehende Yukos-Kernbetrieb, der Ölförderer Juganskneftegas, wird von der internationalen Bank Dresdner Kleinwort Wasserstein bewertet. Diese Arbeit soll sich bis mindestens Mitte Oktober hinziehen. Damit sinkt nach Expertenmeinung die Gefahr, dass die auf mindestens zehn Milliarden Euro geschätzte größte Yukos-Tochter unter der Hand für einen Bruchteil der Summe an einen Kreml-nahen Konkurrenten geht.

Der bisherige Kurs der Justiz- und Finanzbehörden mit Steuernachforderungen von umgerechnet 5,5 Milliarden Euro führte schnurstracks auf eine baldige Yukos-Pleite zu. Dieses Szenario bereitet mittlerweile selbst der russischen Regierung oder zumindestens einigen ihrer Minister Sorgen. Der Kreml tritt offensichtlich im Fall Yukos auf die Bremse.

Keine künstlich herbeigeführte Insolvenz

Kein russischer Ölkonzern könne auf die Schnelle die täglich mehr als 20.000 Tonnen Öl an China sowie die übrigen Yukos-Exporte ausgleichen, sagte der Chef der Föderalen Energie-Agentur, Sergej Oganesjan, Mitte der Woche. Die Justiz solle deshalb die Yukos- Geschäftskonten wieder freigeben, um eine künstlich herbeigeführte Insolvenz zu vermeiden.

Forderungen wie die Oganesjans gelangen nach Einschätzung von Analysten nur mit grünem Licht von ganz oben an die Öffentlichkeit. "Ohne vorherige Absprache mit dem Kreml wären solche Äußerungen reiner Selbstmord", betont Steven Dashevsky von der Investmentgesellschaft Aton Capital.

Yukos-Öl unter staatlicher Kontrolle

Am Fernziel des Kremls in der Yukos-Affäre hegt in Moskau trotz aller neuen Entwicklungen kaum jemand Zweifel. Putins Gefolgsleute wollen die gewaltigen Ölreserven des politisch unbequemen Yukos-Mehrheitseigentümers Michail Chodorkowski wieder unter staatliche Kontrolle bringen. Deshalb gilt ein Zwangsverkauf von Juganskneftegas, auf den 70 Prozent der Yukos-Ölreserven entfallen, als weiterhin sehr wahrscheinlich.

Auch nach russischem Recht darf Yukos theoretisch selbst bestimmen, wie es seine Schulden bezahlt. In der Praxis versuchen die Behörden aber nach Kräften zu verhindern, dass die Yukos-Führung konzernfremde Aktiva abstößt. Offiziell besitzt das Unternehmen auf vier Milliarden Euro geschätzte Anteile am Konkurrenten Sibneft, die aber ebenfalls von der Justiz beschlagnahmt sind.

Insider-Geschäft in Millionenhöhe

Die Achterbahnfahrt der Yukos-Werte in den vergangenen Börsenwochen lässt argwöhnen, dass in den nächsten Tagen böse Überraschungen die Kurse wieder nach unten ziehen. Russische Medien berichteten über Insider-Geschäfte mit Yukos in Millionenhöhe. Wichtige Entscheidungen der Justiz, wie die vorübergehende Freigabe der Juganskneftegas-Anteile, seien zuerst einigen Händlern und danach der Öffentlichkeit mitgeteilt worden.

"Es gibt Anzeichen auf Insider-Geschäfte mit Yukos. Doch das Ausmaß ist viel geringer, als in den Medien behauptet", betont Timur Nasardinow, Chef-Trader bei Troika Dialog in Moskau. Während in den USA und in Westeuropa derartige Geschäfte mit harten Strafen geahndet werden, muss in Russland kein betrügerischer Justizbeamter die eigene Justiz fürchten. Insider-Geschäfte sind in Russland bislang strafrechtlich nicht relevant. Ein neues Gesetz hängt im Reformstau beim Parlament fest.

DPA
Stefan Voß, dpa

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