Wer mit dem Autozug reist, möchte sich abends im Abteil schlafen legen und am nächsten Morgen am Urlaubsort aufwachen. Den Insassen eines Nachtzugs von Deutschland nach Narbonne in Südfrankreich war solche Ruhe nicht vergönnt. Wachleute hatten ungebetenen Passagieren nachgestellt, die auf den Zug gesprungen und in den Abteilen auf Beutezug gegangen waren.
Tumulte auf dem Gang
Am Morgen wurden sie von Tumult auf dem Gang geweckt: »Ich dachte erst, es handele sich um Betrunkene«, erinnert sich Hugo Hergen Prull aus dem niedersächsischen Oldenburg, der mit einer Gruppe von Motorradfahrern unterwegs war. Die Diebe konnten entkommen. »In unserer Gruppe vermisste später jemand 300 Euro«, erzählt Prull, »einem älteren Ehepaar sollen sogar 3.000 Euro gestohlen worden sein.«
Auch Fahrten nach Frankreich unsicher
Dass auf Fahrten nach Italien gelegentlich Autoknacker ihr Unwesen treiben, war bekannt. Wenn nun auch Frankreich nicht mehr sicher zu sein scheint, ist das für Urlauber eine unangenehme Überraschung. Die DB AutoZug in Dortmund räumt ein, dass es auf dortigen Strecken im vergangenen Jahr zu sieben Vorfällen gekommen sei.
Schonzeit für Langfinger
Darauf, dass solche Vorfälle streng geahndet werden, ist kein Verlass - so die Erfahrung von Hugo Hergen Prull. Das deckt sich mit dem, was eine Autozug-Testerin des ADAC in München ebenfalls auf einer Strecke nach Südfrankreich erlebte: »Passagiere hatten gemerkt, dass sich jemand an den Jacken zu schaffen macht«, erinnert sich Sabine Zuschrott, Mitarbeiterin des Autoclubs. »Die Diebe wurden zwar gestellt, aber gleich wieder rausgesetzt.«
Neue Sicherheitsmaßnahmen
Insgesamt hat die DB AutoZug im vergangenen Jahr 33 Zwischenfälle mit Zugdieben registriert - »angesichts von 200.000 beförderten Autos ein überschaubarer Anteil, auch wenn jeder Fall einer zu viel ist«, sagt Geschäftsführer Stefan Eckert. Gegenüber dem Vorjahr hat sich die Zahl mehr als halbiert. Das Unternehmen führt dies auf Sicherheitsmaßnahmen zurück, die zwischenzeitlich eingeführt wurden. So ist jetzt jede Abteiltür durch ein Schloss oder einen Riegel und zusätzlich durch eine Kette gesichert.
Wachpersonal: Machtlos
Außerdem fahren stichprobenartig bahneigene Wachmänner in nachtblauen Uniformen mit, die für zusätzliche Abschreckung sorgen sollen. Im Fall des Diebstahls im Narbonne-Zug waren sie zwar mit an Bord, aber offensichtlich machtlos: »Sie schimpften, dass sie in Frankreich ihre Waffen abgeben müssten«, erinnert sich Hugo Hergen Prull.
Bahn ist aus dem Schneider
Dass die Polizei wenig Einsatz in der Strafverfolgung an den Tag legte, stimmt auch Stefan Eckert von der DB AutoZug bedenklich. »Betroffene sollten sich auf jeden Fall auch direkt an uns wenden.« Die Haftpflichtversicherung der Bahn zahlt aber nur in seltenen Fällen, etwa wenn Motorräder von eigenen Mitarbeitern unzulänglich befestigt wurden.
Kein Geld bei Vandalismus
Kein Geld ist bei Schäden etwa durch Vandalismus oder Diebstahl zu erwarten. Eine gesetzliche Klausel, deren Betagtheit sogar Geschäftsführer Eckert zugibt, befreit die Bahn von der Haftung, wenn Güter - wie bei Autozügen der Fall - in offenen Wagen befördert werden. »Die Rechte der Bahnkunden sind sehr unterentwickelt, gerade beim Versicherungsschutz«, klagt Hartmut Buyken, Sprecher des Fahrgast-Verbandes Pro Bahn in München.
Zauberwort 'Kulanz'
Die Regelung könnte indessen bald gegenstandslos werden, da die DB AutoZug an der Entwicklung geschlossener Waggons arbeitet. Auch vorher könnte sich Hartnäckigkeit lohnen: »Es gibt ja auch noch das Thema Kulanz«, so Eckert.