VERBRAUCHER Versicherungen fristgerecht kündigen

Beim Besuch des Versicherungsvertreters klingt noch alles einleuchtend, am nächsten Tag kommen die Skrupel. Dann sollte der Vertrag schleunigst widerrufen werden.

Die Versicherung verspricht einen guten Schutz oder hohe Erträge. Deshalb ist der Vertrag schnell unterschrieben. Doch am nächsten Tag kommen die Skrupel. Die Leistungen scheinen recht lückenhaft, die Beiträge viel zu hoch. In einem solchen Fall sollte der Vertrag schleunigst fristgerecht widerrufen werden, raten Experten.

Generell gelten 14 Tage

»Das Wichtigste dabei ist, dass ich weiß, welche Frist ich einzuhalten habe«, sagt Michael Wortberg von der Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz in Mainz. Generell können sich Versicherungskunden laut Wortberg innerhalb einer Frist von 14 Tagen von dem Vertrag trennen, falls die Laufzeit mehr als ein Jahr beträgt. Dabei ist allerdings ein Unterschied zu beachten: »Die Frist läuft bei Hausrats-, Haftpflicht- und Rechtsschutzversicherungen ab Antragsunterzeichnung und bei Lebens- und Rentenversicherungen ab Vertragsabschluss, also wenn die Police da ist.« Die erstgenannten Versicherungen werden 'widerrufen', während bei Lebensversicherungen 'vom Vertrag zurückgetreten' wird - eine laut Wortberg wenig verbraucherfreundliche und verwirrende Terminologie.

Bei Fehlern auch später möglich

Ist die 14-tägige Frist bereits verstrichen, wird es schwieriger, die ungewollte Versicherung wieder loszuwerden - es sei denn, das Unternehmen hat einen Fehler gemacht. Zunächst verlängert sich die Frist auf einen Monat nach Zahlung des ersten Beitrags, wenn der Kunde nicht in Textform darüber belehrt wurde, dass er innerhalb von 14 Tagen vom Vertrag zurücktreten kann, so Wortberg.

Ohne Verbraucherinfo 1-Jahres-Frist

Noch mehr Spielraum besteht, falls das 'Kleingedruckte' des Vertrages nicht ausreichend über die Versicherung informiert. »Wenn die Verbraucherinformation nicht gegeben wurde, verlängert sich die Frist auf ein Jahr«, sagt Frank Braun, Geschäftsführer des Bundes der Versicherten (BdV) in Henstedt-Ulzburg (Schleswig-Holstein). Dies ist nach Auffassung des BdV regelmäßig bei Kapitallebensversicherungen der Fall - daher bestehen gute Chancen, den Vertrag innerhalb eines Jahres ohne große Verluste wieder aufzulösen.

Auch geänderte Tarife beachten

Ein weiterer Grund, den Vertrag rückgängig zu machen, ist Wortberg zufolge ein Unterschied zwischen dem vom Kunden unterschriebenen Antragstext und der Police, die die Versicherung dann tatsächlich zuschickt. Gründe dafür könnten etwa kurzfristig geänderte Tarife sein, so Wortberg. »Die Änderung gilt vom Kunden als angenommen, wenn er ihr nicht innerhalb eines Monats nach Erhalt der Unterlagen widerspricht.«

Meist hilft Reklamation

Dazu müssen die Änderungen in der Police jedoch besonders markiert sein. Ist dies nicht der Fall, kann der Vertrag durch eine Reklamation zu Fall gebracht werden. Wichtig ist jedoch, dass noch kein Beitrag bezahlt wurde, warnt BdV-Geschäftsführer Braun. Durch die Zahlung gilt der geänderte Vertrag als akzeptiert: »Wer das unwidersprochen hinnimmt, hängt drin.« Daher sollte die Police nach Empfang immer genau mit dem Antrag verglichen werden.

Kündigung nach Schadensfällen

Häufig entschließen sich Versicherungskunden jedoch erst lange nach dem Abschluss des Vertrages zur Kündigung, etwa wenn die Versicherung das erste Mal wirklich gebraucht wird. »Bei Schadensfällen erleben Versicherte oft zum ersten Mal, wes Geistes Kind ihre Versicherung ist«, so Wortberg. Wer mit der Leistung unzufrieden ist, kann nach dem Ende der Verhandlungen mit einmonatiger Frist die Kündigung aussprechen. Von einer fristlosen Kündigung rät Wortberg jedoch ab: Sonst verfällt die Prämie, die bereits für das laufende Versicherungsjahr bezahlt wurde. Besser ist es, den Vertrag zum Ende dieses Beitragszeitraums zu kündigen.

Kündigung nach Beitragserhöhung

Schließlich kann eine Versicherung auch noch wegen einer Beitragserhöhung gekündigt werden. Auch hier gilt Wortberg zufolge eine Frist von einem Monat, nachdem das Unternehmen seine Kunden informiert hat. »Manche schicken die Nachricht aber auch erst, wenn sie das Geld schon abgebucht haben«, sagt Wortberg. In diesem Fall kann auch rückwirkend gekündigt werden, allerdings sollte zunächst ein neuer Versicherer gesucht werden.

Regelung gilt erst ab 1994

Diese Regelungen gilt dem Experten zufolge für Verträge, die seit dem 1. Januar 1995 abgeschlossen wurden. Von 1991 bis 1994 ausgestellte Policen können nur dann gekündigt werden, wenn die Erhöhung einen bestimmten Prozentsatz übersteigt, für ältere Verträge gelten detaillierte Einzelregelungen.

Immer Angebote vergleichen

Am einfachsten ist der Abschied von einer Versicherung allerdings vor der Vertragsunterzeichnung. »Man muss vor allem zu einem bedarfsgerechten Abschluss raten«, sagt Stephan Schweda vom Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) in Berlin. Nicht alle Versicherungen sind für jeden Verbraucher notwendig. Auch sollten immer Angebote von mehreren Versicherern eingeholt werden, um Preise und Leistungen zu vergleichen. Viele Beschwerden lassen sich auch vermeiden, wenn der Vertrag gründlich gelesen wird: »Wenn ich eine Hausratversicherung abschließe, muss ich vorher in Erfahrung bringen, ob Glasbruch mit drin ist.«

Informationen:

Bund der Versicherten

Postfach 1153

24547 Henstedt-Ulzburg

Tel.: 04193/942 22

Fax 04193/942 21

Literatur:

Michael Wortberg, Ratgeber Versicherungen für Familien

ISBN 3-8068-2891-1

12,90 Euro.