D-Day bei BMW. Es ist der 16. März 2000. Vorstands-Chef Joachim Milberg gibt die Trennung von Rover bekannt, erklärt, warum man die Marke Mini behält und verkündet im selben Atemzug ein neues Abenteuer: "Es wird eine kleine Baureihe unterhalb des Dreiers geben." Das Ziel ist klar: neue und vor allem jüngere Kunden an die Marke zu binden.
Gerüchte, dass BMW künftig in der Kompaktklasse mitmischen will, kursierten schon zuvor. Das Segment um Golf und Co ist in Europa das volumenstärkste überhaupt. Doch wer hier Geld verdienen will, muss entweder genügend Stückzahlen produzieren oder einen höheren Preis verlangen - und Käufer finden, die ihn bezahlen.
Motor vorn, Antrieb hinten
Längst hatten die Planer in München zu Papier gebracht, wie ein kleiner BMW aussehen könnte, und vor allem, was ihn vom Rest der Liga unterscheiden sollte. "Wenn wir damit kommen, müssen wir anders sein", erinnert sich Armin Hildisch, Projektleiter bei BMW. Auch anders als der Mini, den man Ende der 90er weitgehend fertig hatte. Denn dieser Wagen entsprach nicht BMW’s ureigenem Antriebskonzept: längs eingebauter Motor und Hinterradantrieb. Zudem sollte der Einser eine ganze Klasse höher positioniert werden als die britische Kleinwagen-Ikone.
Mit der klassischen Bauformel "Motor vorn, Antrieb hinten" stand BMW alleine da und nutzte dies geschickt als Marketing-Strategie. Sportlicher geht kein anderer Kompakter ums Eck, versprach man in München. Die Fachpresse bestätigte dies, monierte jedoch die engen Platzverhältnisse im Fond und die saftigen Preise des kleinen Bayern. BMW konterte mit "Premium-Anspruch".
Kompakt, agil, Fahrspaß
Dem Absatz schadete dies in keiner Weise. Im Gegenteil, der Einser entwickelte sich schon kurz nach seinem Debüt 2004 schnell zum Erfolgsmodell und ermutigte die Münchener, weitere Derivate auf diese Bodengruppe zu stellen. Im April vergangenen Jahres folgte der Einser als Dreitürer und gleichzeitig die Einführung von "Efficient Dynamics", jenem Öko-Feintuning, das jeden Einser mit Vierzylinder und Handschaltung zu einem Musterknaben in Sachen Verbrauch macht. "Selbst einige Politiker von den Grünen fahren bereits Einser," sagt Produkt-Manager Falko Radomski, "der 118 Diesel emittiert nur 119 Gramm CO2 pro Kilometer." Zwölf Einser-Modelle bleiben heute unter der Marke von 140 g/km.
Wie attraktiv sich eine Baureihe erweitern lässt, demonstrierte BMW vergangenen Herbst mit dem 1er-Coupé, das viele sofort an den legendären "02er" erinnern ließ und der wie wohl kein anderes BMW-Modell die Philosophie des Hauses verkörperte: kompakt, agil, Fahrspaß. Jetzt folgt das Cabrio. Wie das Coupé, so fährt auch der offene Einser ohne wirkliche Konkurrenz. Diese Alleinstellung beschert dem Besitzer Exklusivität und BMW sichere Umsätze. Und dies nicht nur in Europa. Mit dem Coupé und dem Cabrio wagt man erstmals den Sprung über den Teich. Ab April werden beide Modelle auch in den USA angeboten.
Effizienz beginnt bei der Konstruktion
Wirtschaftlich erlauben sich die Münchener mit der Einser-Reihe keine Ausrutscher. Über eine halbe Million Einheiten sind bis heute verkauft worden, weit mehr, als ursprünglich geplant. Regensburg baut den Fünftürer, im Leipziger Werk entstehen Dreitürer, Coupé und Cabrio. "Kapazitätsänderungen lassen sich so besser ausgleichen", sagt Projektleiter Hildisch. Doch Effizienz beginnt schon bei der Konstruktion. Von Anfang galt, so viele Gleichteile wie möglich zu verwenden. Bei allen Einser-Modellen sind beispielsweise Bodengruppe, Haube, Kotflügel vorn, der gesamte Vorderwagen, Motoren, Getriebe Fahrwerk, Windschutzscheibe und Scheinwerfer gleich. Zwei Arten von Rückleuchten teilen sich Coupé und Cabrio sowie Drei- und Fünftürer. Und bis auf den Fünftürer sitzt in allen Varianten die gleiche Tür.
Auch beim Thema Qualität scheint BMW ganze Arbeit abzuliefern. Weder gab es Klagen seitens der Kunden, noch einen Rückruf. Der Dekra belohnte kürzlich in seinem Mängelreport (gemessen über die tatsächlichen Laufleistungen) den Einser mit der Pole-Position und bei Schwacke gilt der kleine BMW als wertbeständigstes Modell in der Klasse. Es deutet viel darauf hin, dass diese Auszeichnung auch das Coupé und das Cabrio erhalten werden.
Einen Einser-Kombi verneint BMW
Der Einser-Baukasten ist damit allerdings noch nicht zu ende. Erst wenn Derivat Nummer Fünf, der X1 auf den Markt kommt, schließt sich der Kreis der Kompakten. Einen Einser-Kombi verneint BMW. Der kleine SAV (Sports Activity Vehicle), wie die Münchener ihre Lifestyle-Geländewagen selbst nennen, ist für 2010 avisiert. Als einziger wird er dann nicht in Deutschland gefertigt, sondern in Österreich bei Magna-Steyr. Dort hat BMW Kapazitäten frei. Der X3, der bislang hier vom Band lief, wird dann zukünftig in den USA gebaut.