Gewöhnlich haben Designer ja eine Erklärung für alles, warum eine Kante so verläuft oder die Chromleiste eben genau dort aufhört. Oliver Stefani aber redet erst gar nicht drum herum. "Ja, ich weiß, die Rückleuchten hätten wir gern anders gehabt, aber diesmal gewannen die Techniker und die Finanzleute", sagt der VW-Designer, verantwortlich für das äußere Erscheinungsbild des Passat CC. Die großen, rundlichen Leuchteinheiten am Heck wollen nicht so recht zu den kantigen Profilen der Karosserie passen. "Sie wirken ein wenig blasig", wie es Stefanie formuliert.
Ein kleiner Schönheitsfehler. Der Rest des wohl emotionalsten Autos, das je von Volkswagen entworfen wurde, aber ist ansehnlich. Die Proportionen der viertürigen Coupé-Limousine sind stimmig, egal von welcher Seite man schaut. Zudem sieht der Passat CC deutlich teurer aus als er ist. Vielleicht lässt man sich optisch auch nur ein wenig täuschen, weil er dem Mercedes CLS so ähnlich sieht. Doch Volkswagens Lifestyle-Limo kostet nur die Hälfte: 30 300 Euro. Das sind gerade einmal 1800 Euro mehr als für die Normal-Version des Passat hinzulegen sind.
Platz im Fond und riesiger Kofferraum
Das CC am Heck des jüngsten Derivats soll für "Comfort" und "Coupé" stehen. Besonders darauf geachtet haben die Entwickler daher auf genügend Platz im Fond und dass der Kofferraum mehr schluckt als ein Sporttasche zum Tennisturnier. "Der Passat CC ist nicht nach dem Motto eines Schlafsofas gestrickt", sagt Heiko Stibbe vom Produktmarketing von VW. "Darauf kann man ja weder richtig sitzen, noch optimal liegen". Der Einstieg hinten in den CC geht problemlos, Menschen mit nicht mehr als 1,80 Meter Körpergröße finden genügend Beinfreiheit, der Kopf schrammt dabei aber unterm Dach entlang. Statt eines fünften Notsitzes in der Mitte sind dort zwei Getränkhalter und eine große Ablage untergebracht, verschließbar mit einer Jalousie. Mit 532 Liter Volumen hat der Kofferraum gehobenes Limousinen-Format. „Gegenüber der Stufenheck-Version verliert der CC lediglich 30 Liter“, sagt Marketing-Mann Stibbe.
Um Kosten zu sparen, wurde das Armaturenbrett und die Mittelkonsole vom Brot-und Butter-Bruder übernommen. Die Instrumente erhielten jedoch ein neues Design, ebenso das Lenkrad. Insgesamt entstand ein gediegenes Cockpit mit guten Materialien und VW-typischer perfekter Verarbeitung. Ein gefühlter Abstieg zwischen äußerem Erscheinungsbild und Anmutung im Innenraum besteht somit nicht.
Diesel liefert Fahr- und Sparspaß
Zwar kann, wer genügend Geld übrig hat, den Passat auch mit 300 PS und dem Spaßgetriebe DSG (Doppelkupplung) für 40 800 Euro bestellen, doch wunderbar motorisiert ist der edle Emdener (wird ausschließlich dort gebaut) mit dem Zweiliter-Diesel, der beides liefert: Fahrspaß und Freude an der Tankstelle. VW gibt im Mix nur 5,8 Liter pro 100 km an. Eine ebenso vernünftige Entscheidung ist der dritte Motor, den Volkswagen bei der Einführung im Juni anbietet: der 1,8-Liter-Benziner mit 160 PS. Beide sind mit einem Sechsganggetriebe kombiniert, das sich leicht und exakt schalten lässt. Einige Monate später folgen zwei weitere Motoren, der Zweiliter-Turbo aus dem Golf GTI mit 200 PS sowie eine leistungsgesteigerte Version des Diesels (170 PS).
Wer schön aussieht, sollte auch schön fahren. Dafür haben sich die Fahrwerks-Entwickler mächtig ins Zeug gelegt und jede Menge aufpreispflichtige Elektronik im CC verbaut. Dank verstellbarer Dämpfer und einer Vernetzung mit der Servolenkung lässt sich auf Knopfdruck der Charakter von Federung und Lenkung verändern (Serie beim V6). Ebenfalls auf Knopfdruck passt der CC auf, dass der Fahrer stets genügend Abstand zum Vordermann hält. Premiere feiert im Passat Coupé der "Lane Assist", eine aktive Spurhaltehilfe, wie sie bislang nur in der Oberklasse anzutreffen ist. Über eine Videokamera wird der Straßenverlauf gescannt. Droht eine Abweichung von der Ideallinie, lenkt das System selbstständig zurück, allerdings dezent und so, dass man es jederzeit übersteuern kann.
Ob der Passat CC im Segment der gehobenen Mittelklasse tatsächlich ein Erfolg wird, weiß heute niemand. VW glaubt zumindest daran und will über den Lebenszyklus hinweg immerhin 300 000 Einheiten produzieren. Knapp die Hälfte davon soll nach Nordamerika gehen. Geld dürften die Wolfsburger aufgrund des schwachen US-Dollars daran allerdings nicht verdienen. Aber man tut etwas fürs Image. Schließlich will VW in Amerika so schnell es geht eine Autofabrik hochziehen und dann in der Neuen Welt kräftig durchstarten. Bis Ende 2010 soll es angeblich 20 zusätzliche VW-Modelle geben. Und damit sind keine Nachfolge-Modelle gemeint, wie Vertriebsvorstand Detlev Wittig erklärt. "Wir besetzen neue Segmente."