Auf den Dreh am Zündschlüssel passiert zunächst nichts. Absolute Stille. Doch schon beginnen die Armaturen bläulich zu glimmen, eine fingerlange Anzeige bittet noch um etwas Geduld, es läuft ein kurzer Systemcheck. Dann kann es losgehen. Den Automatikhebel auf D wie drive gelegt, ein leichter Druck aufs Gaspedal, und fast lautlos setzt sich der Honda in Bewegung. Man kann sich wunderbar unterhalten in diesem Auto. Die Frau dort mit dem Kinderwagen guckt ganz überrascht, sie hat den Honda nicht kommen hören.
Da ist schon die Autobahnauffahrt, jetzt ein kräftiger Tritt, und das 1,7 Tonnen schwere Forschungsfahrzeug FCX schießt davon, als hätte es einen hubraumstarken Diesel unter der Haube. Elektromotoren klingen zwar nicht so schön wie ein Achtzylinder, aber dafür begeistern sie mit Durchzugskraft. Statt eines kräftigen Brummens ist im Cockpit nur ein ganz leises Pfeifen zu vernehmen. Gangwechsel sind überflüssig, der Elektromotor treibt direkt die Vorderräder an, ohne Getriebe mit verschiedenen Übersetzungen dazwischen.
Werden Männer sich im Jahr 2025 nicht mehr über Turbolader oder obenliegende Nockenwellen unterhalten können? Stattdessen beim Bier über bürstenlose E-Motoren und besonders hitzeresistente Magneten palavern? Schon komisch, diese Vorstellung, während der FCX durch die Winterlandschaft gleitet.
Genau das ist die Sensation.
Bisher mussten Brennstoffzellenautos bei Frost nämlich in der Garage bleiben. Die Kälte machte der Stromerzeugung in dem hoch komplizierten Kraftwerk zu schaffen - ein physikalisches Problem. Thomas Brachmann, bei Honda Experte auf diesem Gebiet, erklärt den Aufbau einer solchen Zelle: "Stellen Sie sich eine Klarsichtfolie vor. Auf der einen Seite befindet sich der Wasserstoff, auf der anderen der Sauerstoff." Damit es zur Stromerzeugung kommt, müssen die Wasserstoff-Ionen durch die hauchdünne Folie - eine Membran - hindurch, um mit dem Sauerstoff zu reagieren. Bei Wärme fühlen sich die elektrischen Teilchen wohler, bewegen sich schneller. "Bei Frost sind die Ionen nicht aktiv genug. Dann will der Wasserstoff nicht auf die andere Seite." Die Stromerzeugung stockt.
Jetzt ist den Forschern bei Honda und Daimler-Chrysler ein Durchbruch gelungen. Neuartige Membran-Materialien helfen dem Ionenfluss nun auch weit unterhalb des Gefrierpunktes auf die Sprünge - bis minus 20 Grad. Gleichzeitig wurde die Wärmeleitfähigkeit in den Zellen verbessert, sie erreichen ihre Arbeitstemperatur viel schneller. Wie das genau funktioniert, bleibt Forschergeheimnis.
Die Stimmung in der Branche
ist jedenfalls beflügelt - allen voran beim Wasserstoffhersteller Linde. Vorstandschef Wolfgang Reitzle träumt schon von einem 1800 Kilometer langen Autobahnring durch Deutschland mit Wasserstoff-Tankstellen alle 50 Kilometer. Daimler-Chrysler, gewohnt optimistisch, hält eine Großserienproduktion von Autos mit Brennstoffzellen bereits ab 2012 für realistisch. Doch Sachito Fujimoto, Chefingenieur bei Honda und so etwas wie die graue Eminenz unter den Brennstoffzellen-Experten, ist vorsichtig: "20 Jahre", sagt er kühl, dauere es wohl noch.