VW Touran Der Letzte soll der Erste sein

"Einen VW kauft man immer" - diesen Kommentar eines Kollegen hört man bei Volkswagen sicherlich gerne. Ob dieses Kaufverhalten auch auf potentielle Kompaktvan-Kunden zutrifft, wird sich ab dem 14. März bei den VW-Händlern entscheiden. Dann greift der VW Touran die Platzhirsche Opel Zafira und Renault Scénic an.

"Einen VW kauft man immer" - diesen Kommentar eines Kollegen hört man bei Volkswagen sicherlich gerne. Ob dieses Kaufverhalten auch auf potentielle Kompaktvan-Kunden zutrifft, wird sich ab dem 14. März bei den VW-Händlern entscheiden. Dann greift der VW Touran die Platzhirsche Opel Zafira und Renault Scénic an.

Spätstarter


Spät gelangten die Wolfsburger zu der Erkenntnis, dass man in Sachen „variable Mehrsitzer“ einen echten Trend verpennt hat. Vor allem der Opel Zafira wilderte munter im Kundenstamm angestammter VW-Käufer. Grundsätzlich hat man bei Volkswagen kein Problem damit, Nischen von anderen Herstellern erobern zu lassen. Solange ein passender VW anschließend die Konkurrenz in die Tasche steckt. So geschehen beim Sharan. Der Family-Van startete spät und rollte das Segment von hinten auf. Heute ist der große VW Marktführer. Ähnlich stellt man sich auch die Karriere des Touran vor.

Einzelsitze hinten
Leider kann sich der kompakte 4+2-Sitzer dabei nicht auf innovative Neuerungen oder ein spektakuläres Design verlassen. Der Touran kann, was die Konkurrenz auch kann. Nicht weniger, aber eben auch kaum mehr. Unter der schlichten Hülle (Pischetsrieder: „Form follows function“) steckt ein flexibler kleiner Van. Die einzelnen Rücksitze sind leicht zu verschieben und schnell ausgebaut – sie wiegen lediglich 16 Kilo. Wie beim Klassenprimus Zafira verstecken sich, auf Wunsch im Kofferraumboden zusammengefaltet, zwei weitere Sitze. Darauf möchte man als Erwachsener ungern die Fahrt ans Mittelmeer verbringen - für den Abstecher in die City reicht das Gestühl jedoch allemal.

Optionale Kühlbox


Wer nicht unbedingt eine ganze Großfamilie verstauen muss, kann sich über ein umfangreiches Zubehörprogramm freuen. So gibt´s für den Verzicht auf den mittleren Sitz der zweiten Sitzreihe optional eine Kühlbox. Wer gar auf sämtliche hinteren Plätze verzichtet, lernt die biedere Brotkasten-Form des Touran zu schätzen. Ohne Rücksitze schluckt der Golf-Van zwei Fahrräder – nachdem die Vorderräder der Bikes demontiert wurden.

Starke Serienausstattung
Der Rest des neuen VWs wirkt durchdacht und bereits in der Basisausstattung recht hochwertig. Ohne ein Häkchen beim Zubehör machen zu müssen, hat jeder Touran eine Klimaanlage, eine Zentralverriegelung mit Funkfernbedienung sowie ein CD-Radio an Bord. Für VW-Verhältnisse ist das beinahe schon so etwas wie eine Revolution. Außer bei der Basismotorisierung können sich Touran-Kunden außerdem über eine Sechsgang-Schaltung freuen. Für die TDI-Modelle soll es in absehbarer Zeit sogar das Direktschaltgetriebe (DSG), für die FSI-Modelle eine Sechsstufen-Automatik geben.

Golf-Gene


Vorteil Touran? In Sachen Flexibilität und Raumangebot wohl kaum. Anders könnte es bei den Fahrleistungen und dem Fahrkomfort aussehen. Immerhin rollt der neue Van auf dem Fahrwerk der fünften Golf-Generation, das sich durch eine aufwendige Vierlenker-Hinterachse und eine elektro-mechanische Servolenkung auszeichnet.

Drei Motoren zum Start
Drei Motoren stehen zum Touran-Start zur Verfügung. Ein FSI (Benzindirekteinspritzer) mit 115 PS sowie zwei Pumpe-Düse-TDIs mit 100 und 136 PS. Angst vorm Steuer-Schock muss dabei niemand haben. Alle Triebwerke erfüllen die EU4-Abgasnorm und sind somit steuerlich kaum angreifbar. 21.100 Euro sind ab März vorerst das Maß aller Touran-Dinge. Dafür bekommt man den Benzindirekteinspritzer mit 115 PS. Günstiger wird es frühestens ab Mai 2003. Dann gibt´s für 19.950 Euro einen 1,6 Liter Benziner mit 75 PS. Auto 5000
Eine Revolution war nicht zu erwarten. VW hat einen grundsoliden Van auf die Räder gestellt. Alles drin, alles dran, alles Bestens? Von wegen. Der Touran muss sich ganz auf die Strahl- und Anziehungskraft des VW-Logos verlassen. Innovationskraft und Mut zur Lücke hat VW nämlich nur bei der Produktion des Touran bewiesen. Der kleine Van wird komplett in Wolfsburg von 3500 Mitarbeitern des Projekts „Auto 5000“ produziert.

Das politisch umstrittene Konzept wurde von VW-Personalvorstand Peter Hartz entwickelt. Insgesamt 5000 Arbeitslose sollen dadurch bis zum Jahr 2005 einen Job bei VW bekommen. Neben dem Touran werden auch noch 1.500 „Auto 5000“-Kräfte den „Microbus“ in Hannover bauen.

Innovative Produktion


Möglich wird das durch veränderte Tarifstrukturen, flexible Arbeitszeiten und einen radikal überarbeiteten Produktionsablauf. 500 Millionen Euro hat sich VW das gesamte Projekt kosten lassen. Und so ist man in Wolfsburg in der Situation, dass die Produktionsmethoden innovativer sind als das Auto, das von mit ihrer Hilfe entsteht.

Jochen Knecht