Bin ich hip, bin ich trendy? Als überzeugter Computerfreak muss ich aufpassen, stets mit der neuesten Hardware versorgt zu sein. Das artet allerdings langsam zu einem echten Problem aus. Um wirklich mit der angesagten Technik ausgestattet zu sein, muss ich tief ins Portemonnaie greifen.
Alles ändert sich - nur das Diskettenlaufwerk nicht
Klarer Fall: Einmal im Jahr muss ein neuer Rechner angeschafft werden. Das ist alleine schon aus dem Grunde wichtig, weil die Prozessoren stetig schneller, die Grafikkarten besser und die CD-ROM-Brenner vielseitiger werden. Nur das 3,5-Zoll-Disketten-Laufwerk bleibt immer gleich. Eigentlich sollte ich es rauswerfen, ich habe seit Jahren keine Diskette mehr ins Laufwerk gesteckt. Immerhin kann ich bei jedem Rechnerwechsel den Monitor behalten. Den habe ich trotzdem gerade erst vor kurzem gegen einen neuen LCD-TFT-Flachbildschirm ausgetauscht. Der nimmt nicht mehr so viel Platz ein und ist außerdem absolut strahlungsarm. Schade ist es nur um meinen alten Röhrenmonitor, denn der war auch nach sieben Jahren noch völlig intakt. Aber man muss mit der Zeit gehen und in neue Techniken investieren. Gerade als PC-Journalist ist es ja so wichtig, in zu sein. Obwohl mein Windows immer gleich langsam bleibt und auch auf dem neuen PC nach Herzenslust abschmiert. Ganz egal, wie schnell der neue Rechner ist.
Fehlermeldungen im Surround-Sound
Ein DVD-Laufwerk muss natürlich her. Jetzt kann ich die neuen coolen DVD-Filme gleich am Rechner gucken. Die Scheiben sind zwar doppelt so teuer wie VHS-Kassetten, dafür aber nur halb so breit. Eine tolle Technik. Auf den DVDs sind übrigens immer jede Menge Extras drauf. Audiokommentare von den Regisseuren oder gelöschte Szenen. Guck ich mir zwar nie an, aber immerhin könnte ich das. Die DVDs benötigen ein Mehrkanalboxensystem. Habe ich mir natürlich auch gleich für den Computer gekauft. Das klingt schon toll, wenn Arnold Schwarzenegger über den Monitor rennt und dabei die Explosionen aus den Boxen dröhnen, dass der Locher auf einem Vibrationskissen in die Luft springt. Gewöhnungsbedürftig ist, dass die Mehrboxenanlage mit Center, Subwoofer und vier Satelliten auch dafür sorgt, dass nun auch ganz normale Windows-Fehlermeldungen viel bombastischer klingen. Und mal von vorne rechts und mal von hinten link ertönen. Dreh dich nicht um, Fehler, gleich erwisch ich dich. In den Online-Medien ist bereits vom DVD-Nachfolger die Rede. HDTV-Filme sollen auf digitalen D-VHS-Bändern ausgeliefert werden. Dafür brauche ich natürlich wieder einen neuen Player. Ob sich der auch an den Rechner anschließen lässt?
PDAs sind ganz wichtig. Das sind diese tragbaren Minicomputer, die ein Vermögen kosten und dafür so klein sind, dass man sie in jedem Straßencafé aus Versehen beim Gehen auf dem Tisch liegen lässt – neben der leeren Zigarettenschachtel. Die Geräte erinnern unterwegs an Termine, zeigen Adressen an und speichern Notizen. Leider gibt es die PDAs in zwei Varianten – einmal mit dem PalmOS als Betriebssystem und einmal mit Windows CE von Microsoft, das jetzt aber plötzlich Pocket PC 2002 heißt. So musste ich mir gleich zwei Geräte anschaffen. Schade nur, dass ich nie unterwegs bin und eigentlich immer am großen Rechner sitze. Schade auch, dass ich auch am großen Rechner keine Adressen verwalte und meine Termine stets im Kopf und nicht auf Papier habe. Trotzdem: Toll, diese kleinen Geräte. Immerhin gibt es zigtausende Shareware- und Freeware-Programme zum Thema, die ich mir aus dem Internet herunterladen kann. Vor allem Spiele. Im Endeffekt habe ich mir die Anschaffung eines Gameboys gespart und kann mit meinem PDA nun auf langen Zugfahren daddeln, was das Zeug hält. Es ist sehr bedauerlich, dass ich eigentlich nie mit dem Zug fahre.
Hält der »iPod« mein Jogging aus?
Zur Zeit spare ich wieder Geld für eine neue Investition. Ich möchte unbedingt den neuen MP3-Player von Apple haben, »iPod« heißt er. Der sieht vielleicht toll aus. Was für ein edles Design. Und eine ganze Audio-CD schluckt das Gerät in wenigen Sekunden. Auf die Festplatte des Players passen ganze Plattensammlungen. Ich weiß nur nicht genau, ob der Player unbedingt einen Apple als Desktop-Rechner benötigt oder ob er sich auch am Windows-PC mit frischer Musik füttern lässt. So ein MP3-Player wäre schon etwas Feines. Ich würde so gerne im Frühling wieder mit dem Joggen anfangen. Und da wäre so ein Player schon eine angenehme Begleitung. Vor allem dann, wenn es beim Laufen aufgrund der Erschütterungen nicht zu ständigen Tonausfällen kommt, wenn ich mit meinen 90 Kilo auftrete. Immerhin: In meiner Jugend habe ich über ein Dutzend Walkmen verschlissen, weil die Kopfhörer ständig einen Wackelkontakt hatten. Ob das bei den modernen Geräten noch immer so ist? Eigentlich habe ich ja einen mobilen MP3-Player der ersten Generation. So einen ganz leichten aus metallisch schimmernden Plastik. Doch der verweigert inzwischen jedes Lebenszeichen. Nicht einmal neue Batterien haben ihn wiederbelebt. Zu dumm.
Jetzt geht der Technik-Reigen schon wieder weiter. Mein neues flaches Handy muss ich wohl bald wieder wegwerfen. Das hat ja nicht einmal Farbe. Überhaupt kommen doch zur Zeit die Smartphones in Mode, die Organizer und Handy in einem sind. Wobei man die Smartphones sicherlich entsorgen muss, wenn UMTS endlich in Mode kommt. Die Japaner sind ja anscheinend schon ganz verrückt danach, Animationen, Filmchen und anderen Schnickschnack per Handy auszutauschen.
Sender pleite. Muss neues Radio her?
Ich überlege derzeit auch, ob das neue Online-Radio nicht etwas für mich ist. Philips bietet etwa ein Gerät an, das via Breitband Radiosender aus dem Internet empfängt. Cool: Damit ich nicht mehr die Qual der Wahl habe, sind Online-Sender wie MP3.com, AOLMusic, Andante, Musicmatch, Radio Free Virgin, IM Networks und Launch bereits fest einprogrammiert. Dann kann ich mir immer gleich ein neues Radio kaufen, wenn die Sender Pleite machen.
Auch Bücher sollten immer neu sein
Ich muss ganz schön hart arbeiten, um mir die ganzen Geräte leisten zu können. Aber was soll man machen – als Computer-Journalist? Vielleicht sollte ich mich von dem ganzen Zeug trennen, auf Neuanschaffungen verzichten und stattdessen mal lieber wieder ein altmodisches Buch lesen. Kein e-Book, sondern ein echtes Buch. Ist eigentlich der neue Andrew-Vachss-Krimi schon da?
Carsten Scheibe