Softwarepatente "Keine rationale Entscheidung möglich"

Am Tag vor der Entscheidung des EU-Parlaments über die heftig umstrittene Patentierung von Software quälen sich die Fraktionen mit der Entscheidungsfindung. Vielen erscheint die Ablehnung der Gesetzesvorlage verlockend.

Die umstrittene Patentierung von Software in der Europäischen Union steht auf der Kippe. Die Fraktion der konservativen EVP tendierte unmittelbar vor der entscheidenden Abstimmung am Mittwoch in Straßburg dazu, die auf dem Tisch liegende Vorlage abzulehnen. Auch Grüne und Sozialdemokraten neigten in diese Richtung, wie es in den Fraktionen am Dienstag hieß. "Die Emotionen sind derzeit so aufgeladen, dass keine rationale Entscheidung möglich ist", hieß es bei der EVP.

Der deutsche CDU-Abgeordnete Klaus-Heiner Lehne und seine finnische Kollegin Piia-Noora Kauppi wollten der Fraktion deshalb am Dienstagabend vorschlagen, gegen die gesamte Vorlage zu stimmen. Die EU-Kommission solle dann einen neuen Vorschlag erarbeiten. Die EVP strebe im Gegensatz zur jetzigen Vorlage an, dass urheberrechtliche Bestimmungen für Software in das seit Jahren geplante EU-Gemeinschaftspatent aufgenommen würden. Das Gemeinschaftspaten liegt derzeit aber auf Eis.

Ändern oder ablehnen

Bei der SPE hieß es, es sei zwar noch nichts entschieden. Die Stimmung gehe aber "in die Richtung der Zurückweisung". Auch die Sozialdemokraten wollten am Abend über ihr Abstimmungsverhalten beraten. Die Grünen erklärten, sie wollten 21 Änderungsvorschläge am vorliegenden Entwurf durchsetzen, um die Rechte von kleineren und mittleren Unternehmen zu sichern. "Das wäre die erstbeste Lösung", sagte Sprecher Helmut Weixler. Er räumte ein, dass Änderungen aber nur schwer durchzusetzen seien, weshalb die Grünen als zweitbeste Lösung die komplette Ablehnung der Vorlage unterstützten.

Die Grünen wollen eine "klare Trennungslinie zwischen Technik und Software ziehen und so jede Möglichkeit von Softwarepatenten ausschließen". Konkret patentiert werden würden dann nur computerimplementierte Innovationen, wie Anwendungen etwa für Autos, Mobiltelefone oder Waschmaschinen, nicht aber die Software selbst. Befürchtet wird, dass mit der derzeit auf dem Tisch liegenden Vorlage ein generelles Software-Patent eingeführt werden könnte.

Ein solches Vorgehen befürworten die Konzerne der Branche. Freie Software-Entwickler befürchten aber, dass sie nach der Patentierung selbst einfachster Software-Bausteine wie der Darstellung eines "Fortschrittsbalkens" mit finanziellen Ansprüchen von Patentinhabern überhäuft werden. Am Rande der Plenarsitzung kam es am Dienstag deshalb zu Protesten.

AP
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