Video-Streaming Amazon schiebt Millionen Kunden von Prime Video ins Werbe-Abo – und streicht heimlich weitere Features

Frau schaut Amazon Prime Video auf einem Fernseher
Streaming-Dienste entwickeln sich allmählich zu traditionellen Fernsehprogrammen, bei denen man lediglich den Sendeplan selbst auswählt. Werbung ist längst ein fester Bestandteil vieler Angebote.
© Yuri_Arcurs / Getty Images
Seit einigen Tagen wird bei Amazon Prime Video Werbung gezeigt – außer man zahlt extra. Doch das ist nicht die einzige Verschlechterung für die zahlreichen Kunden.

Vor kurzem zog Amazon bei den Kunden von Prime Video die Daumenschrauben an: Im Standard-Abo werden seit dem 5. Februar bis zu dreieinhalb Minuten Werbung pro Stunde gezeigt. Wer keine will, muss draufzahlen. Nun wurde entdeckt: Auch die beste Bild- und Tonqualität gibt es nur noch gegen Aufpreis. 

Das fiel zuerst einem Leser der Fachseite "4KFilme" auf. Die Experten überprüften die Behauptung und konnten sie bestätigen: Nutzt man die Basis-Variante von Amazon Prime Video – also die, in die jeder Kunde seit dem 5. Februar eingestuft wurde, wenn man nicht 2,99 Euro zusätzlich zahlt –, sind die Optionen für den Raumklang Dolby Atmos und die verbesserte Bildtechnik Dolby Vision nicht mehr auswählbar. Selbst, wenn der Fernseher das eigentlich unterstützt. Wechselt man aufs werbefreie Abo, funktionieren beide Technologien wieder. Bestätigen konnte "4KFilme" das für Fernseher von LG und Sony, laut "Forbes" sind auch Geräte von TCL betroffen. 

Amazon Prime Video: Versteckte Verschlechterung

Bemerkenswert ist die Einschränkung vor allem aus einem Grund: Amazon kommuniziert die Einschränkung bei der Bild- und Tonqualität nicht. Während andere Streaming-Anbieter klar kommunizieren, welche Einschränkungen günstigere Abos haben, verzichtet Prime Video auf jeden Hinweis, dass die beiden Dolby-Technologien nicht Teil des Basis-Abos sind.

Einer der Gründe könnte sein, dass die Einschränkung bei Amazon deutlich feinteiliger ist als bei den Konkurrenten. Während man etwa bei Disney oder Netflix in den günstigen Abos auf hochauflösende Wiedergabe in 4K oder das farbenstarke HDR komplett verzichten muss, ist das bei Amazon gar nicht der Fall: Auch das Basis-Abo von Prime Video bietet 4K, Fernseher die auf HDR-10+ statt auf Dolby Vision setzen, erstrahlen auch im Werbeabo in voller Farbpracht.

Liegt es an den Kosten?

Dass nur die beiden Dolby-Standards ausgeschlossen werden, könnte deshalb einen einfachen Grund haben: Während HDR-10+ als offener Standard kostenlos nutzbar ist, müssen Inhalte im proprietären Dolby-Standard zusätzlich lizensiert werden. Prime Video hatte wohl auch deshalb 2017 die Unterstützung für Dolby Vision eingestellt. Erst 2022 kam Dolby Atmos zurück auf die Plattform – in Amazons selbstproduziertem Millionen-Epos "Der Herr der Ringe: Die Ringe der Macht".

Es ist entsprechend denkbar, dass Amazon die Lizenzen für die Dolby-Inhalte nur für seine zusätzlich zahlenden Premium-Kunden bezahlen möchte. Das nicht zu kommunizieren, ist trotzdem eine merkwürdige Entscheidung.

Wie lange sich die Werbe-Abos halten, ist ohnehin noch nicht vollständig geklärt: Weil auf einen Schlag quasi alle Kunden ungefragt schlechter gestellt wurden, hat der Bundesverband der Verbraucherzentralen bereits Klage gegen Amazon eingereicht. Nach Ansicht der Verbraucherschützer reicht die einseitige Abo-Änderung seitens Amazon nicht aus, um geltende rechtliche Vorgaben zu erfüllen. Der Anbieter habe damit gegen die Rechte der Verbraucher verstoßen. Amazon hat bislang nicht auf die Klage reagiert.

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