Wenn es um das kostenlose Herunterladen von Chart-Musik geht, versteht die Schallplattenindustrie normalerweise überhaupt keinen Spaß. Von "Musikklau" und "Betrug am Künstler" spricht dann deren Organisation, der deutsche Phonoverband, und droht mit Schadensersatzforderungen und strafrechtlicher Verfolgung.
Kostenloses Hitsaugen erlaubt
Wenn ab dem 21. März allerdings Zehntausende Nutzer sich gratis mit Musik aus dem Internet eindecken, hat die CD-Lobby ausnahmsweise mal nichts dagegen. Denn an diesem "Digital Download Day" und in den folgenden Tagen ist das kostenlose Hit-Saugen in sieben europäischen Ländern völlig legal - zumindest bei solchen Websites, die bei der von den Plattenherstellern unterstützten Aktion mitmachen.
Bis zu 30 Songs gratis
Wer beispielsweise vor dem 21. März unter www.digitaldownloadday.de seine Mail-Adresse hinterlässt, kann sich bei einer der Partner-Seiten mtv.de, karstadt.de und tiscali.de kostenlos bedienen: bis zu 30 Songs im Gesamtwert von fünf Euro sind erlaubt. 150 000 Lieder stehen zur Auswahl - mit dabei sind Superstars wie Robbie Williams, T.A.T.U. und Eminem.
Größtes legales Download-Angebot"
Hinter der Verschenk-Aktion steckt der britische Online-Musikvertrieb OD2, den der Popmusiker Peter Gabriel und der Software-Spezialist Charles Grimsdale vor drei Jahren ins Leben gerufen haben. OD2 hat mit allen großen Musik-Companys - außer Sony Music - Lizenzverträge abgeschlossen und beliefert nun Partner-Webseiten in ganz Europa mit Download-Angeboten. "Wir haben das größte legale Angebot in Europa", sagt Grimsdale, "das wollen wir auf diese Weise bekannt machen."
Unterstützen statt Verurteilen
Auch Popfile, das seit einem halben Jahr bestehende Online-Angebot von Universal Music, verschenkt ab dem 22. März Songs: Bis zum 29. März darf man sich dort gratis fünf Hits herunterladen. Partner der Aktion sind unter anderem der TV-Sender Viva, das Magazin "Yam" und Freenet. "Wir haben der Entwicklung lange genug zugesehen. Es wird Zeit, dass wir endlich legale und attraktive Downloads anbieten", sagt Joachim Kirschstein, Marketingleiter bei Universal.
Der Musikmarkt reagiert
Tatsächlich tut sich was auf dem Online-Musikmarkt: AOL hat einen neuen Musik-Abo-Dienst für seine US-Mitglieder eingerichtet, eine Ausweitung auf das deutsche AOL-Angebot ist nicht ausgeschlossen. Der Software-Hersteller Roxio hat sich die Rechte an der legendären Musiktauschbörse Napster gesichert und will unter diesem Namen noch in diesem Jahr legale Musikdownloads anbieten. Apple-Chef Steve Jobs plant die Einrichtung eines eigenen Angebots für Mac-Nutzer. In Deutschland will die Plattenbranche im Sommer ihren lange gehegten Plan wahrmachen und ein zentrales, einheitliches Download-Angebot ins Netz stellen. "Die Planungen sind sehr weit fortgeschritten", sagt Hartmut Spiesecke vom deutschen Phonoverband.
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Illegale Downloads gehen weiter
Doch einstweilen geht das gesetzwidrige Runterladen nahezu ungestört weiter. Musiktauschbörsen wie Gnutella und Kazaa haben sich bislang erfolgreich dem Zugriff der Justiz entzogen. Gerade feierte Kazaa den 200-millionsten Download seiner Tauschbörsen-Software. Von solchen Zahlen können die legalen Anbieter bislang nur träumen. Zumal das Herunterladen nach dem "Digital Download Day" wieder Geld kostet: Bei OD2 wird das einfache Anhören eines Songs mit 1,6 Cent, das Herunterladen auf den Computer mit 16 Cent berechnet. Und wer das Lied auf CD brennen will, muss sogar 1,60 Euro hinblättern - pro Titel.