Es ist eine Geschichte, die einen staunend zurücklässt: Als am Freitag (Ortszeit) bei einem Flugzeug der Air Alaska mitten im Flug eine Notklappe herausgerissen wird, saugt der Unterdruck auch zwei Smartphones ins Freie. Eines davon wurde am nächsten Tag in einem Straßengraben entdeckt – unbeschädigt (hier können Sie die ganze Geschichte nachlesen). Und zurecht fragen sich nun viele Menschen: Wie kann das sein?
Denn natürlich kennt jeder das Phänomen eines herunterfallenden Smartphones. Rutscht einem das Gerät aus der Hand und landet auf dem Boden, geht es mit Pech schnell zu Bruch. Selbst wenn der Sturz eigentlich nur einige Zentimeter tief ist. Die Annahme liegt also nahe, dass aus größerer Höhe auch die Bruchgefahr steigt. Doch das ist nur teilweise richtig.
Luft als Bremse
"Die einfache Antwort ist Luftwiderstand", erklärt Duncan Watt ein Astrophsysiker der Universität Oslo gegenüber der "Washington Post". "Das Unintuitive ist in diesem Fall, dass ein vom Himmel fallendes iPhone gar nicht so schnell wird", führt er aus. Stürzt ein Objekt auf die Erde, wirkt bei einem langen Fall der Luftwiderstand als Gegenkraft zur Schwerkraft – und verhindert eine weitere Beschleunigung.
Dabei spielt auch die Form des Gegenstandes eine Rolle. "Würde das iPhone mit der flachen Seite nach unten fallen, würde es ganz schön stark gebremst. Fällt es gerade herunter, wäre das weniger der Fall", erläutert Watt. "In der Realität dürfte das iPhone ganz schön hin- und herflattern. Dadurch bekommt es viel Wind ab. Und es entsteht eine Aufwärtskraft." Das gelte besonders bei Smartphones mit großem Bildschirm, da die Fläche auch mehr Widerstand erzeugt. Da es sich bei dem gefunden iPhone um ein iPhone 14 oder 15 handelt, ist der Bildschirm mindestens 6,1 Zoll groß.
Weniger schnell als erwartet
Das Ergebnis des Gegenwindes: Das Smartphone wird gar nicht so schnell, wie man das erwarten würde. "Das Maximum sind etwa 160 km/h, aber das würde nur passieren, wenn das Telefon senkrecht zum Boden fiele", erklärt der Phsyiker. Realistisch sei eher eine Geschwindigkeit von höchstens 80 km/h. Zum Vergleich: Beim Sturz aus der Hand erreicht ein Smartphone seinen Angaben nach etwa 16 km/h.
Das abstürzende iPhone ist also nur etwa fünfmal schneller als beim Fallen im Alltag. Nun kommt ein weiterer Faktor ins Spiel: Worauf genau fällt das Gerät? Wäre es auf Beton oder andere feste Materialien gestürzt, wäre das Gerät wohl in jedem Fall hin gewesen. Gefunden wurde es allerdings im Gras eines Straßengrabens – neben einem Gebüsch. "Wenn das iPhone auf weiches Gras fällt, dürfte es den Sturz auf jeden Fall überleben", ist sich Watt sicher. "Das entspricht etwa der Kraft, als wenn ich darauf stampfen würde." Das Gebüsch könnte den Sturz zudem zusätzlich gebremst haben.
Tatsächlich ist es nicht das erste Mal, dass ein iPhone einen Sturz aus großer Höhe überlebt. 2011 war ein iPhone 4 aus einem Kleinflugzeug gefallen und über 300 Meter gestürzt. 2023 hatte ein Fallschirmspringer sein Gerät in knapp 4000 Metern Höhe verloren. Beide waren auf weichem Boden noch funktionsfähig wiedergefunden worden. Und sogar Menschen haben solch hohe Stürze bereits überlebt: 1972 hatte die Flugbegleiterin Vesna Vulovi als einzige einen durch eine Explosion verursachten Flugzeugabsturz überlebt. Sie war aus 10.000 Metern Höhe gefallen – und in einem Waldgebiet gelandet, dessen Bäume den Sturz abfederten.
Quellen: Washington Post, Wired, New York Times, Live Science