Er tritt an, um Kanzler zu werden. Er sieht gut aus und hat Abitur. Und eine Webseite: stoiber.de.
Weniger gut, wenn nichts drin ist im Kopf oder auf der Webseite. Darunter leidet der Großteil der Blondinen - sagt der Volksmund - und auch Edmunds Internetpräsenz, die derzeit noch so sinnfrei und flüchtig ist wie ein Wahlversprechen. Da hilft es auch nur mäßig, dass der Bayer jovial wie Alfred Biolek von der Titelseite blinzelt und das Gesicht in bedeutungsschwangere Falten legt. Immerhin einer der wenigen Augenblicke, wo Konzept durchscheint: Schließlich soll der vom Saulus zum Paulus Gewandelte als neuer Verbinder allen Wahlvolks nicht nur die Alten und die Besserverdienenden ansprechen, sondern auch Jungvolk.
Inhaltsfrei mit hippen Farben
Bayerns größte Versuchung seit Franz-Josef Strauß - Gott hab ihn selig - verzichtet auf Inhalte und geht mit kaum mehr als hippen Trendfarben an den Start. Warum, das weiß wohl nur Bavarias Landesvater. Am Ende ist's gar philosophisch gemeint: Politik ist eigentlich gar nicht und obendrein besonders dann, wenn's angeblich christlich sein soll. Außerdem: Was will man schon sagen in solch ereignislosen Tagen?
»Die Webseit'n?« - »Die woas?«
Möglicherweise aber hat der Wahlkampfstab des silberlockigen Landesfürsten nur furchtbar gepennt. Plakate gedruckt? Jawoll. Fotos gemacht? Logo. Kanzlerlimousine bei den Bayerischen Motorenwerken geordert? War schon da. Nächster Termin bei Christiansen gebucht und die nicht mehr mit »Frau Merkel« anreden? Unbezahlbar. ZDF auf Linie gebracht? Selbstredend. Bayernkurier abbestellt? Alles gemacht, Eure Eminenz. Und die Webseit?n? Die woas? Ja, sakra, die Webseit?n! Merke: Minus mal minus ergibt eben nicht immer plus.
Wie dem auch sei: Die bunte Leere soll schleunigst ein Ende haben. Inhalte müssen her, am besten solche mit Inhalten. Eine schwere Aufgabe. Vielleicht sogar unmöglich. Nichtsdestotrotz: Zuversicht. »In Kürze« soll es Informationen geben. Und: Es werde »viel passieren«, verspricht der virtuelle Stoiber. Um so bedauerlicher, dass gleich der erste Versuch gründlich daneben gegangen ist.
Wer soll das lesen? Und warum?
»Traditionell« sagt der, sei der Politische Aschermittwoch »in Deutschland der Tag der politischen Standortbestimmung«. Klar - und Eintracht Frankfurt gewinnt die Champions League. Statt »politischer Standortbestimmung« gibt?s kollektive Volldröhnung vor den Fastentagen. Dazu Bierzeltprosa vom Herausforderer. Die Details kann man sich sparen oder sich durch die 55 entsetzlich öden Seiten des Manuskripts klicken. 55 Seiten! Herrgott hilf, Herr Stoiber! Wer soll denn das lesen? Und vor allem. Warum?
Was mag mit »Interaktion« drohen?
Bequemer geht?s eventuell per »Info-Mail« mit »wichtigen Neuerungen«. Aber die gibt es noch nicht, weder die Mail noch die Neuerung. Ankündigungen aber gibt?s zuhauf, darunter auch »Interaktion«. Was da wohl droht? Man mag es sich kaum ausmalen.
Thomas Hirschbiegel
H&A medien