Das Internet-Portal Youtube darf keine Videos zu Musiktiteln mehr bereitstellen, bei denen die Musik-Verwertungsgesellschaft Gema Urheberrechte geltend gemacht hat. Dies entschied das Landgericht Hamburg am Freitag in erster Instanz. Dem Urteil wird grundlegende Bedeutung für das Urheberrecht im Internet beigemessen. Es ist allerdings noch nicht rechtskräftig. Google kündigte an, nun mit der Gema neu verhandeln zu wollen.
Bei den zwölf genannten Titeln folgte das Gericht in sieben Fällen dem Antrag der Gema. In den fünf weiteren Fällen wurde der Antrag formal zurückgewiesen, da es für ihn bereits keine Grundlage mehr gab. Hier sei es nicht ersichtlich gewesen, dass entsprechende Videos erneut auf der Plattform bereitgestellt worden seien.
Bei dem Streit geht es nur vordergründig um die von der Gema verlangte Sperrung der Titel. Im Kern wollen die Rechteverwerter - sie wahren die Urheberrechte von mehr als 60.000 Komponisten, Textautoren und Musikverlegern - erreichen, dass die Videoplattform dafür bezahlt, wenn sie deren Filme und Musik weiterverbreitet. Dazu ist Youtube grundsätzlich auch bereit, nur über die Höhe und Art und Weise liegt man weit auseinander.
Die Google-Tochter Youtube argumentiert, lediglich die Plattform für das Hochladen von Musikvideos im Internet zur Verfügung zu stellen und deshalb nicht für die Inhalte verantwortlich gemacht werden könne.
Youtube Störer aber kein Täter
Richter Heiner Steeneck befand jedoch, dass Youtube eine sogenannte Störer-Haftung habe, also für das Verhalten seiner Nutzer mitverantwortlich gemacht werden könne. Eine schwerer wiegende Haftung als Täter wurde aber nicht festgestellt - hier folgte das Gericht der Haltung von Google, das Youtube lediglich als neutrale technische Plattform betrachtet, für deren Inhalte die Nutzer verantwortlich sind.
Die Videoportal-Betreiber haften nur dann, wenn sie gegen Prüfpflichten verstößt. Das heißt konkret: Wenn Urheberrechtsverletzungen von der Gema festgestellt werden, muss Youtube die Videos unverzüglich sperren. Das hatte sie im Fall der sieben genannten Titel über Monate nicht getan.
Zudem muss das Google-Tochterunternehmen Maßnahmen einleiten, um neue Verletzungen zu vermeiden. Ein nach Auffassung des Gerichts geeignetes System ist die Content-ID-Technik, die von Google entwickelt wurde, damit Rechteinhaber die Löschung eigener Werke auf YouTube veranlassen oder gegen eine Beteiligung an den Werbeeinnahmen freigeben können. Dafür müssen sie Referenzdateien hochladen, von denen YouTube eine Art digitalen Fingerabdruck erstellt. Mit diesem überprüft die Plattform alle hochgeladenen Videos.
Die Gema befürchtet aber, dass Content-ID nicht alle Werkversionen findet. Schwierigkeiten könnten dem System zum Beispiel Konzert-Mitschnitte oder schlecht gesungene Karaokeversionen bereiten. Deshalb soll laut Richterspruch ein Wortfilter mit dem System verknüpft werden.
Der Rechtsstreit zieht sich bereits seit mehreren Jahren hin. Nachdem ein vorläufiger Vertrag zwischen der Verwertungsgesellschaft und Youtube 2009 ausgelaufen war und sich beide Seiten nicht auf eine Nachfolgeregelung einigen konnten, reichte 2010 die Gema Klage ein. Im vergangenen Jahr hatte das Landgericht Hamburg einen Eilantrag gegen Youtube abgelehnt, dabei aber bereits erkennen lassen, dass der Musik-Verwertungsgesellschaft grundsätzlich Ansprüche zustünden.
Richter Steeneck verhängte nun bei Zuwiderhandlung ein Ordnungsgeld von im Einzelfall bis zu 250.000 Euro oder Ordnungshaft von bis zu sechs Monaten. Youtube kann gegen das Urteil Revision beim Oberlandesgericht Hamburg einlegen.
Gema und Youtube wollen wieder verhandeln
Google-Sprecher Kay Oberbeck sagte im Anschluss an das Urteil, man wolle sich mit der Verwertungsgesellschaft wieder an einen Tisch setzen. Nun sei "der Weg frei, dass Künstler auch von ihren Werken profitieren können", sagte Oberbeck. Dabei sprach er sich für eine pauschale Mindestvergütung aus. Die Gema fordert hingegen 0,6 Cent pro Klick als finanzielle Untergrenze.
Gema-Anwältin Kerstin Bäcker sagte, die Gesellschaft werde das Urteil prüfen und dann entscheiden, ob sie Rechtsmittel dagegen einlegen wolle. Die Gema sperre sich aber nicht gegen Verhandlungen. Insgesamt sehe sie das Urteil auch als "großartigen Erfolg", weil Youtube für die Inhalte nun verantwortlich gemacht werden könne.