Netzausbau 5G kommt – und zwar schneller als erwartet

LTE UMTS Netzausbau
Der Netzausbau geht bei 5G schneller als erwartet
©  morfous / Getty Images
Der neue Mobilfunkstandard 5G soll Deutschland beim mobilen Internet einen großen Schritt nach vorne bringen. Und das offenbar schneller als geplant. Selbst die Mobilfunkprovider geben sich überrascht.

Geht es um Großprojekte wie den Bau eines Hauptstadtflughafens, ist man in Deutschland in den letzten Jahren bei der Bewertung von Zeitplänen eher ein gesundes Maß an Skepsis gewohnt. Da freut es umso mehr, wenn es auch anders geht: Beim Ausbau des neuen Mobilfunkstandards 5G sind die deutschen Provider deutlich vor dem Zeitplan – und stehen deshalb auch im internationalen Vergleich ziemlich gut da.

"Das 5G-Netz wächst in Deutschland schneller als alle Mobilfunk-Netze zuvor", bestätigt etwa Hannes Ametsreiter, CEO von Vodafone Deutschland dem stern. "Wir werden 5G doppelt so schnell ausbauen wie den Vorgängerstandard 4G", freut sich auch ein Sprecher der Telefónica. 

Vor Plan

Tatsächlich liegen alle drei großen Provider aktuell vor ihrem aktuellen Plan. "Als Vodafone 2019 das erste 5G-Netz in Deutschland aktiviert hat, haben wir uns das Ziel gesetzt, bis Ende 2021 rund 20 Millionen Menschen mit 5G dort zu erreichen wo sie wohnen", erläutert Ametsreiter. Dieses Ziel wurde schon längst übertroffen – Monate vorher. "Aktuell ist unser 5G-Netz bereits für 25 Millionen Menschen verfügbar – bis zum Jahresende werden es mehr als 30 Millionen Menschen zuhause nutzen können."

Bei der Telefónica sieht es ähnlich aus. Mehr als 60 Städte hätte man bereits angebunden, fünf waren es zum Start 2020. "Bis Jahresende 2021 werden wir bereits über 30 Prozent der Bevölkerung mit 5G versorgen, bis 2025 ganz Deutschland", so der Sprecher des Konzerns. Die Telekom meldete zuletzt, bereits jetzt 66 Millionen Menschen mit ihrem 5G-Netz erreichen zu können.

Nicht Spitzenreiter, aber vorne dabei

Auch im internationalen Vergleich steht Deutschland gut da. "Das ist diesmal wirklich sehr gut gelaufen und läuft noch immer", bestätigt Hakan Ekmen, dessen Agentur "umlaut" regelmäßig Mobilfunknetze weltweit auf ihre Reichweite und Leistungsfähigkeit untersucht. Nach einer gemeinsam mit der Fachzeitschrift "Connect" erstellten Studie des Unternehmens gehen in Deutschland bereits 21,53 Prozent der Verbindungen über das 5G-Netz, 4,89 Prozent des Landes werden demnach bereits mit dem 5G-Netz abgedeckt. Das klingt wenig, die Provider konzentrieren sich allerdings aktuell noch vor allem auf die Ballungsräume und nicht die Fläche des Landes.

Von Sommer 2020 bis April 2021 ging der Ausbau der 5G-Netze vor allem in Deutschland rasant voran, zeigen die Messungen von umlaut
Von Sommer 2020 bis April 2021 ging der Ausbau der 5G-Netze vor allem in Deutschland rasant voran, zeigen die Messungen von umlaut
© umlaut / PR

Vergleiche mit Ländern wie Südkorea oder Katar, die mit 5G-Anteilen von 80 Prozent deutlich größere Flächendurchdringung erreichen, findet Ekmen unfair. "Die Marktbedingungen und auch die landschaftlichen Gegebenheiten sind einfach völlig andere", erklärt er dem stern. "Betrachtet man Staaten mit ähnlichen Bedingungen, sind in Europa traditionell zwar die Niederlande, Österreich und Schweiz als Länder zu nennen, die noch weiter sind. Dann kommt aber eben auch schon Deutschland."

Aus der Vergangenheit gelernt

Ein Grund für den schnelleren Ausbau ist auch der Lernprozess auf Regierungsseite, glaubt Ekmen. "Da ist seit der Einführung von UMTS viel verstanden worden, wie man den Providern die Arbeit leichter machen kann. Etwa indem Freigabeprozesse vereinfacht wurden oder Maßnahmen zur Schließung von Funklöchern ergriffen werden.", lobt er. "Es ist wirklich viel in Bewegung gekommen, das wird auch in Bezug auf den Glasfaserausbau noch wichtig werden. Ich sehe auf jeden Fall eine positive Entwicklung."

Eine weitere Rolle spielten in der Vergangenheit auch die teuren Frequenzversteigerungen, glaubt Vodafone-Chef Ametsreiter: "Die UMTS-Auktion im Jahre 2001 war die teuerste aller Zeiten. Das Geld, was die Netzbetreiber hier gezahlt haben, fehlte viele Jahre für den Ausbau von echter Infrastruktur. Das hat sich lange in der Qualität der Netze bemerkbar gemacht." Auch die Telefónica sieht das so. "Die Frequenzkosten sind ein Faktor für die Investitionsfähigkeit der Unternehmen und entscheidend für oder gegen einen schnellen Netzausbau", erklärt der Konzern.

Die Folgen der UMTS-Frequenzauktionen waren in der Branche noch jahrelang zu spüren. Fast 60 Milliarden Euro hatten die Provider im Jahr 2000 für die Lizenzen bezahlt, viel Geld, das beim Ausbau des Netzes letztlich fehlte. Bei LTE hatten die Konzerne gelernt, sie zahlten bei den Aktionen 2010 und 2015 nur jeweils 5 Milliarden Euro in die Staatskasse. Als 2019 dann erstmals 5G-Lizenzen versteigert wurden, wurden insgesamt 6,5 Milliarden bezahlt.

Und 2023 stehen schon die nächsten Auktionen an, warnt Ametsreiter. "Wir müssen endlich ernsthaft über neue Vergabeverfahren sprechen", findet der Vodafone-Chef. "Eine Verlängerung der bestehenden Lizenzen für die weitere Nutzung der Funkfrequenzen könnte dafür sorgen, dass statt in die Staatskassen noch mehr Geld in neue Funkmasten investiert wird."

Mehr zum Thema erfahren Sie beim großen Thementag 5G am 2. Juli 2021 auf ntv.

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