Lautes Dröhnen schmerzt in den Ohren. Steingeruch liegt in der feuchten Luft. Die 400 Meter lange Tunnelbohrmaschine frisst sich mühsam durch Granit und Gneis, im Schnitt 20 Meter am Tag. Gebaut wird der Gotthard-Basistunnel im schweizerischen Tessin: 57 Kilometer weit sollen hier von 2015 an in zwei Röhren Züge fahren und die lästigen Steigungen der Bergwelt vergessen machen.
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Mehr Informationen auf der Internet-Seite des Tunnels.
Eine Stunde Fahrzeit weniger
Die Bahnfahrt zwischen Zürich und Mailand soll dann mit rund zwei Stunden und vierzig Minuten eine Stunde weniger als heutzutage dauern. Hauptgrund für das Riesenprojekt ist, dass die Schweizer die erwarteten Steigerungsraten bei Personen und Gütern im Alpentransit möglichst umweltschonend bewältigen wollen.
5,51 Milliarden Euro Kosten
Der Bau des längsten Verkehrstunnels der Welt ist ein ehrgeiziges Projekt. Nie zuvor wurde eine solch lange Verbindung so tief unter einem Gebirge gebaut. Bis zu 2.300 Meter harter Stein werden sich dereinst über den Fahrgästen türmen, die dann mit 250 Stundenkilometern durch den Berg rasen. "Der Basistunnel wird bis zu acht Milliarden Schweizer Franken kosten", sagt Bauingenieur Stefan Flury von der AlpTransit Gotthard AG, der Bauherrin des Tunnels, einer Tochter der Schweizerischen Bundesbahnen (SBB). Das sind rund 5,15 Milliarden Euro.
Einnahmen aus der LKW-Maut
Insgesamt lässt sich die Schweiz die Modernisierung der Bahn 30 Milliarden Franken kosten, zu 55 Prozent finanziert aus der in der Alpenrepublik funktionierenden Lkw-Maut. An den Baumaßnahmen sind dabei unter der Federführung der AlpTransit zahlreiche Unternehmen aus der Schweiz und dem Ausland beteiligt. Auch die beiden deutschen Baukonzerne Hochtief (Essen) und Bilfinger Berger (Mannheim) mischen mit.
Vier Baustellen gleichzeitig
Bodio im Tessin, Südportal des Tunnels. Hier ist die größte von insgesamt vier Baustellen, an denen gleichzeitig gebaut wird. Eine weitere wird im Frühjahr im Norden bei Erstfeld noch hinzukommen. Insgesamt werden dann 1.800 Mineure damit beschäftigt sein, dem Gotthardmassiv einen kompletten Berg abzuringen. "Das Ausbruchmaterial hat das fünffache Volumen der Cheopspyramide", erklärt Flury, der Bauleiter für den Südabschnitt ist. In eigenen Zementwerken wird ein Großteil aufbereitet und für den reichlich benötigten Beton im Tunnel wiederverwendet. Ein anderer Teil wandert in den Vierwaldstätter See zur Renaturierung eines Flussdeltas.
2009 ist der Rohbau fertig
Grimmiges Scheppern verrät die Gewalt, mit der die Bohrmaschine an der so genannten Tunnelbrust ans Werk geht. Das Ungetüm wiegt 11.00 Tonnen und reißt mit 3500 Kilowatt am Stein. 8,80 Meter Durchmesser hat die Drehscheibe. 50 stählerne Rollenmeißel lassen bei einem Anpressdruck von 2.000 Tonnen dem Felsen keine Chance. Sechs Umdrehungen pro Minute, alle zwei Meter wird das frisch angeschnittene und durch natürliches Wasser nasse Gestein anschließend gesichert. Anfang Dezember waren beide Röhren rund vier Kilometer weit in den Berg gemeißelt. "Ende 2009 soll der Rohbau des gesamten Tunnels fertig sein", sagt Flury. Gearbeitet wird dabei trotz der großen Kräfte mit Hilfe moderner Messtechnik zentimetergenau.
Schutzpatronin am Tunneleingang
Und die Angst vor der Tunneldurchquerung? Schließlich starben vor zwei Jahren bei der Brandkatastrophe im 16,3 Kilometer langen Gotthard-Autotunnel elf Menschen. "Der Sicherheit kommt wegen der Länge des Tunnels besondere Bedeutung zu", betont Flury. Alle 212 Meter gebe es eine Querverbindung zwischen den Röhren. Geplant sind außerdem mehrere Nothaltestellen, die mit Frischluft versorgt werden, während etwaiger Rauch abgesaugt wird. Durch zwei doppelte Spurwechsel können Züge außerdem aufs andere Gleis umgeleitet werden. Für alle Fälle setzen die Tunnelbauer dennoch schon jetzt auf eine Sicherung der besonderen Art: Am Tunneleingang steht eine Figur der Heiligen Barbara, der Schutzpatronin der Bergleute und Tunnelbauer. Auch am Gotthard soll sie Unglücke fernhalten.