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Neue VR-Brille für die PS5 Die neue Playstation VR 2 soll Virtual Reality in den Mainstream bringen – doch zwei große Hürden bleiben

Neue VR-Brille für die PS5: Die Playstation VR 2 besteht aus der Brille sowie zwei Controllern
Die Playstation VR 2 besteht aus der Brille sowie zwei Controllern
© Malte Mansholt / stern
Seit Jahren wartet die Virtual Reality auf den Durchbruch. Mit der PSVR2 für die Playstation 5 startet nun auch Sony einen neuen Versuch. Die Hardware kann im Test voll überzeugen. Doch leider ist das nicht das Entscheidende.

Es sind nur Millimeter, die mich vom Maul des aus dem Nichts zuschnappenden Roboter-Krokodils trennen. Instinktiv zucke ich zurück - und kann das johlende Lachen meines Sohnes durch die Kopfhörer vernehmen. "Papa, warum erschreckst du dich so", fragt er. Zurecht. Denn obwohl ich um mich herum beim Umschauen nur den gefährlichen Dschungel einer düsteren Welt voller tödlicher Roboter sehen kann, sitze ich eigentlich nur auf der Couch in meinem Wohnzimmer. Ganz ohne echten Gefahren ausgesetzt zu sein.

Dass mein Puls trotzdem deutlich erhöht ist, liegt an der Immersion der virtuellen Realität. Mit der neuen PSVR2 hat Sony seiner Playstation 5 seine eigene VR-Erfahrung spendiert. Die Technik soll die Computerspiele komplett anders erlebbar machen. Im Test funktioniert das sehr gut - doch die Grundprobleme von VR behebt auch die neue Brille (noch) nicht.

PSVR 2: Voll auf die Augen

Dabei hat Sony sich wirklich alle Mühe gegeben. Die neue Brille löst ihre OLED-Displays in 2000 x 2040 Bildpunkten auf - für jedes Auge einzeln. Mit einem Sichtfeld von 110 Grad und einer sehr hohen Bildwiederholrate zwischen 90 und 120 Bildern die Sekunde ist sie eine der technisch besten VR-Brillen auf dem Markt. 

Was bei anderen Geräten oft nur Statistik für Fans ist, bringt bei einer VR-Brille echte Vorteile. Die hohe Auflösung sorgt nicht nur dafür, dass der bekannte Fliegengitter-Effekt nur bei ganz genauem Hinsehen zu erkennen ist. Indem die gezeigten Bilder besonders hoch aufgelöst werden, steigt auch die Immersion, zudem sinkt das Flimmern von Kanten deutlich. Die schnelle Bildwiederholrate ist sogar noch wichtiger. Zeigen die Brillen zu wenige Bilder, sorgt das nicht nur für eine ruckelige Wirkung. Sondern verstärkt auch die Gefahr, dass einem beim Spiel übel wird.

Seekrank im Wohnzimmer

Dass das auch bei der PSVR2 nach einer Weile leider einsetzen kann, hat denselben Grund wie Seekrankheit auf einem Schiff: Das Gesehene stimmt nicht mit dem Gefühl des Körpers überein. Schwankt das Schiff, während die Kabine ruhig bleibt, wird man unter Deck seekrank. Bei VR ist es genau entgegengesetzt: Im Spiel bewegt man sich wild - während der Körper ruhig bleibt.

Tatsächlich setzt der Effekt bei mir im Test nur bei einem einzigen Spiel ein: Als ich im sich sonst schlicht großartig anfühlenden "No Mans Sky" in einem Raumschiff wild durchs All jage und der Boden über meiner Kanzel auftaucht, tritt schnell die Übelkeit auf. Als ich vorher zu Fuß den Planet erkundete, fehlte das genauso wie in anderen Spielen, die weniger auf hektische Bewegungen und Kopfstände setzen. Das ist schon eine tolle Leistung. Beim Vorgänger der Brille für die PS4 war mir egal in welchem Spiel noch jedes Mal nach 20 Minuten schlecht geworden.

Gemischte Gefühle

Die Erfahrung in VR unterscheidet sich allerdings ohnehin je nach Spiel stark. In "Horizon: Call of the Mountain" muss man sich mit den Armen Berge nach oben hangeln, schießt mit dem Bogen auf die oben beschriebenen Roboter-Urviecher. Und fühlt sich mitten in der Action. Im Jump'n'Run "Moss 2" ist die Erfahrung eine völlig andere, aber nicht weniger faszinierend. Dort nimmt man mit der Brille die Position einer externen Kamera ein, während man eine knuffige kleine Maus durch die abwechslungsreichen Level steuert. Trotzdem fühlt man sich der Figur deutlich näher - weil man sich selbst als Teil der Spielwelt empfindet.

Wie schnell man die Welt um sich vergisst, merkt man, wenn man dann doch mal gegen die Couch oder einen Tisch stößt. Denn obwohl man sich als Teil der VR-Welt fühlt, bewegt man sich natürlich weiter im echten Raum.

Smarte Technik

Den Umgang damit hat Sony clever gelöst. Die PSVR2 hat Sensoren und Kameras an der Außenseite, mit denen man bei jeder Sitzung - und beim Wechsel des Trägers - die Umgebung um den Spielort scannt. Dabei sieht man auch in der Brille den Raum um sich herum. Ist man dann im Spiel, wird man durch eine Art digitales Gitter gewarnt, wenn man sich zu stark bewegt hat. So vermeidet man, versehentlich die Vase vom Tisch zu werfen. Im Test funktionierte das sowohl im Sitzen als auch im Stehen sehr zuverlässig. Trotzdem kommt es vor, dass man gelegentlich mit der Couchkante oder einem anderen Möbelstück an seine Grenzen gerät. Mit einer schnellen Neupositionierung ist das aber schnell gelöst.

Die einfache Nutzung fängt indes schon bei der Einrichtung an. Schließt man die Brille erstmals an, muss man sich nur durch ein gut zu verstehendes und einfach zu bedienendes Tutorial hangeln. Und kann direkt loslegen. Die Hürde zur Nutzung der Virtuellen Realität sinkt damit enorm.

Alltagstauglich

Die Brille selbst ist übrigens überraschend wenig störend. Sowohl der Sitz auf dem Kopf als auch der Abstand zu den Augen lässt sich angenehm anpassen. Eine Brille ließ sich allerdings nicht darunter tragen. Für stark weitsichtige Personen kann das durchaus eine Schwierigkeit bedeuten, als Kurzsichtiger hatte ich wegen der kurz vor den Augen platzierten Linsen keine Probleme. Das Gewicht und die Brille an sich sind auch bei längerem Tragen nicht unangenehm aufgefallen. Das mit der Playstation 5 verbundene, unbedingt nötige Kabel ist so lang, dass ich selbst mit vier Metern Abstand zur Konsole keine Probleme hatte. 

Auch die Controller fühlen sich gut an. Im Prinzip handelt es sich um eine vereinfachte und aufgeteilte Variante des Dualsense. Die jeweils für eine Hand angepassten Controller bringen beide einen Analog Stick, zwei Knöpfe auf der Oberseite und zwei unten und an der Seite mit. Und natürlich reagieren beide detailliert auf die Bewegungen des Spielers. 

Etwas nervig: Bei der Playstation VR 2 müssen immer beide Controller ausreichend geladen sein, im Zweifel benötigt man also zwei USB-C-Kabel
Etwas nervig: Bei der Playstation VR 2 müssen immer beide Controller ausreichend geladen sein, im Zweifel benötigt man also zwei USB-C-Kabel
© Malte Mansholt / stern

Die Crux mit den Spielen

Wie gut das funktioniert, hängt dann vom jeweiligen Spiel ab. Und hier ist auch die große Crux der PSVR2: Eine echte Must-Have-Erfahrung gibt es aktuell noch nicht. Zwar hat Sony mit "Horizon: Call of the Mountain" eine eigene VR-Erfahrung für eine seiner beliebtesten Spieleserien erstellt. Im Vergleich zum großartigen, hochkomplexen Original (hier finden Sie unseren Test des neuesten Teils "Forbidden West") fühlt die sich aber extrem vereinfacht und deutlich unbefriedigender an. Dasselbe gilt auch für viele weitere Games für PSVR2: Mit der weit entwickelten Spieleerfahrung, die man mittlerweile gewohnt ist, können sie oft noch nicht mithalten.

Natürlich kann man das Sony nicht alleine vorwerfen. Denn: Während Grafik, Steuerung und der Aufbau bei Spielen immer weiter optimiert wurde, stecken VR-Erfahrungen im Vergleich noch in den Kinderschuhen. Was sicher auch damit zu tun hat, dass der Markt noch sehr klein ist und die Riesenbudgets von Top-Spielen schlicht nicht einfahren kann. Ganz allgemein sind VR-Pflichtspiele daher bislang noch Mangelware. Das einzige echte Must-Play, "Halflife:Alyx" ist bislang nur für den PC erschienen. Gerüchteweise könnte es aber auch für die PS5 erscheinen.

Teures Hobby

Ein Problem ist das für die Kunden vor allem aus einem Grund: VR ist im Vergleich immer noch sehr teuer. Und auch die PSVR2 kostet mit einem UVP von 600 Euro schon mehr als die ohnehin nicht günstige PS5 - die man allerdings zusätzlich braucht. Und dann hat man noch nicht mal ein Spiel. Für die bisher noch recht einfach strukturierte VR-Erfahrung ist das ziemlich happig. 

Die gute Nachricht: Beide Probleme könnten sich in den nächsten Jahren langsam von selbst beheben. Der echte Boom für Virtual Reality steht immer noch aus, mit Massenprodukten wie der PSVR 2 und einer noch dieses Jahr erwarteten VR-Brille von Apple könnte der Durchbruch aber langsam in greifbare Nähe rücken. Haben die Entwickler erst einmal eine ausreichend große Kundenbasis, lohnt es sich dann endlich auch, den zusätzlichen Aufwand in VR-Spiele zu stecken. Und: Im Laufe der Zeit dürften auch die Preise langsam fallen. 

Playstation VR 2 im Test: Eine echte Chance auf den Massenmarkt

Mit seiner zweiten VR-Brille ist Sony das gelungen, was VR seit Jahren braucht: Eine einfach nutzbare, toll umgesetzte VR-Brille mit Mass-Appeal. Die Brille sitzt gut, lässt sich sehr einfach einrichten und genauso einfach bedienen. Auch bei der Hardware bleiben wenige Wünsche übrig.

Die größten Schwächen teilt die Brille mit allen Konkurrenten: Noch ist die VR-Erfahrung im Vergleich zu anderen Spielen vergleichsweise unausgereifter. Angesichts des hohen Preises macht es das schwer, der Brille zum Start eine Kaufempfehlung auszusprechen. Wer aber unbedingt VR ausprobieren möchte, sich vom Preis nicht abschrecken lässt und schon eine PS5 besitzt, kann bedenkenlos zuschlagen. Die Hardware und ihre Umsetzung gehören zu den besten auf dem Markt.

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