Elon Musk hat sich bekanntlich schon häufiger im Ton vergriffen, aber dieses Mal hat er sich womöglich mit dem Falschen angelegt: Der millionenschwere Twitter-Eigner lieferte sich eine fragwürdige Diskussion mit dem Isländer Haraldur Thorleifsson, der ihm lediglich eine simple Frage gestellt hatte. Der 45-Jährige aus Reykjavik hatte nämlich vor einigen Tagen festgestellt, dass er sich auf seinem Dienst-Laptop von Twitter nicht mehr einloggen konnte – offenbar hatte man seinen Account deaktiviert. Seit Musks Übernahme des Kurznachrichtendienstes war dies für viele Mitarbeiter das Signal, dass ihnen gekündigt wurde – dann aber immerhin meist mit einer Vorwarnung.
Thorleifsson hatte keinerlei Vorwarnung erhalten. Ratlos wandte er sich also an die Personalabteilung und fragte nach. "Die HR-Abteilungsleitung hat mir zwei Mal geschrieben und konnte mir beide Male nicht sagen, ob ich noch ein Mitarbeiter von Twitter bin", so der Produktdesigner gegenüber der BBC. Nach neun Tagen Warten wurde es ihm zu bunt: Auf Twitter wandte er sich öffentlich an seinen Chef: "Deine Personalabteilung kann mir nicht bestätigen, ob ich noch ein Angestellter bin oder nicht. Du hast nicht auf meine E-Mails geantwortet. Vielleicht bekomme ich eine Antwort, wenn genug Menschen dies retweeten?"
Twitter-Mitarbeiter bekommt keine Antworten
Haraldur "Halli" Thorleifsson ist allerdings kein gewöhnlicher Mitarbeiter von Twitter. Der 45-Jährige hatte 2014 eine eigene, erfolgreiche Designfirma gegründet, die er Anfang 2021 an Twitter verkaufte. Teil des Deals war damals, dass er noch so lange weiterarbeiten könne, wie es ihm möglich ist – denn Thorleifsson leidet an fortschreitender Muskeldystrophie, sitzt im Rollstuhl. "Mein Körper lässt mich nach und nach im Stich", erklärt er der BBC seine unheilbare Erkrankung. Der Vater von zwei Kindern hatte den Verkauf seiner Firma an Twitter als seine Altersvorsorge und als Absicherung für seine Kinder betrachtet.
Elon Musk: Seine Firmen, seine Familie – der reichste Mensch der Welt in Bildern

All das schien Elon Musk nicht zu wissen, als er auf Twitter mit Thorleifsson zu diskutieren begann. Und als ihm klar wurde, mit wem er da zu tun hatte, nutzte er die besondere Situation des Isländers sogar gegen diesen. "Die Wahrheit ist, dass dieser Kerl (der finanziell unabhängig ist) keine wirkliche Arbeit geleistet hat. Als Entschuldigung brachte er vor, eine Behinderung zu haben, die ihn am Tippen hindere. Gleichzeitig twittert er hier wie ein Wilder. Ich kann nicht behaupten, dass ich dafür viel Respekt übrig habe", so Elon Musk auf Twitter.
Diese Worte über einen Mann mit Muskeldystrophie? Harter Tobak. Zudem stellt sich die Frage, ob sich Musk überhaupt ohne Erlaubnis über Thorleifssons gesundheitliche Probleme hätte äußern dürfen.
Hat sich Elon Musk zu weit aus dem Fenster gelehnt?
Der Isländer nahm sich daraufhin die Zeit, Elon Musk ebenso geduldig wie zynisch über seine bisherige Arbeit für den Konzern und die Muskelkraft in seinen Händen aufzuklären: "Das ist alles extrem belastend. Es geht um meine Altersvorsorge und darum, mich und meine Familie zu versorgen, während meine Krankheit fortschreitet. Dabei dem reichsten Mann der Welt gegenüberzustehen, der womöglich rechtmäßig geschlossene Verträge ignorieren wird, fällt mir schwer zu akzeptieren."
Musk entschuldigt sich beim Isländer
Mittlerweile ruderte Musk auf Twitter zurück und entschuldigte sich bei "Halli" per Tweet. Er habe mit Thorleifsson inzwischen ein persönliches Gespräch gesucht und dabei erkannt, dass er dessen Situation anscheinend missverstanden hatte: "Ich hatte von einigen Sachen gehört, die aber unwahr waren oder in einigen Fällen tatsächlich stimmten, aber nicht weiter von Bedeutung waren", so Musk.
Laut Musk werde Thorleifsson darüber nachdenken, bei Twitter zu bleiben. Der Isländer selbst hat bisher noch nicht auf Musks neueste Tweets reagiert. Ob er wirklich bei Twitter bleibt, ist daher unklar: Nachdem er von seiner Kündigung offiziell erfahren hatte, hatte er von einem neuen Projekt geschrieben: "Ich eröffne sehr bald im Zentrum von Reykjavik ein neues Restaurant", so Thorleifsson. "Es ist nach meiner Mutter benannt."
Quellen: Twitter, BBC, Tagesschau