Reinhold Beckmann ist eigentlich Moderator. Doch als in seiner Sendung unlängst Kurt Biedenkopf die verkürzte Gymnasialzeit verteidigte, konnte der ARD-Talkmaster nicht mehr an sich halten. Mit Furor in der Stimme kritisierte er das "Turbo-Abi" G8 und machte sich damit - ungewollt - zu Deutschlands prominentestem Elternvertreter: "...der Druck der Behörden ist eins zu eins weitergegeben worden an die Lehrer, die Lehrer geben es weiter an die Schüler, die Schüler geben es zurück an die Eltern... Zu einer glücklichen Kindheit gehören auch die drei Fs: Freizeit, Freunde und auch ein bisschen Faulenzen!"
Beckmanns Fanpost in den folgenden Tagen belegt, dass der Vater eines 14-jährigen Sohnes und einer zehnjährigen Tochter mit seinem Plädoyer die Zwölf getroffen hatte. Allerorten beklagen Eltern die Überlastung ihrer Kinder, weil der Unterrichtsstoff statt in neun nun in acht Jahren vermittelt wird. Die Freizeit kommt zu kurz, Freunde, Familie, Sport. Nachhilfe ist Standard. Alles nach dem Motto: früher fertig, schneller in den Job. Im globalen Wettbewerb sollen junge Deutsche so besser bestehen können. Nun müssen sie in der Regel schon mit 18 ihre Berufswahl treffen - zumindest das Studienfach oder den Ausbildungsweg festlegen.
Sogar der Samstag wird jetzt als zusätzlicher Unterrichtstag ins Spiel gebracht - schon wieder geht ein Zeitfenster zu! Wichtiger wären mehr Lehrer, Ganztagsschulen und entrümpelte Lehrinhalte. Ein neuer, zeitgemäßer Bildungskanon für Abiturienten wäre jede Debatte wert. Aber 16 Kultusminister werden sich kaum auf einen Nenner bringen lassen. Es hilft nichts - einige Länder müssen vorangehen und eine Koalition der Reformwilligen gründen. In einigen Kultusministerien gibt es immerhin schon eine Lernkurve - das Lernpensum soll gestrafft werden, beispielsweise in Niedersachsen. Dort, in Hannover, gibt es eine prominente Mutter, die den Bildungsdiskurs sehr genau verfolgt: Doris Schröder-Köpf. Ihre beiden Adoptivkinder haben die Schulzeit noch vor sich, während die 17-jährige Tochter Klara der pädagogischen Käfighaltung knapp entkommen konnte: Sie ist mit dem letzten G9-Zug inzwischen in der elften Klasse des Gymnasiums angekommen. An der Seite von Reinhold Beckmann mischt sich Doris Schröder-Köpf jetzt in die Debatte ein. Deshalb bat der stern den TV-Star und die Gattin des Altkanzlers zu einem "G8-Gipfel" in das Gymnasium Sophienschule in Hannover. Die Moderation übernahmen stern-Redakteurin Catrin Boldebuck und Norbert Höfler, Ressortchef Politik und Wirtschaft (Seite 36).
Im aktuellen Kinofilm "Das Beste kommt zum Schluss" spielen Jack Nicholson und Morgan Freeman zwei Todkranke, die auf den letzten Metern nachholen, was sie vor der Diagnose verpasst hatten: Sie leben, reisen, rasen, flirten. Eine halbe Million Deutsche haben den Streifen bislang gesehen, der die Frage aller Fragen stellt: Was ist der Sinn des Lebens? Und: Was macht der Mensch aus seiner Zeit, wenn der Tod näher rückt? Aber das Leben ist nicht Hollywood. Wie also gehen wir in der Realität mit dem Ende um? stern-Reporter trafen Menschen, die dem Tod nahe sind, Patienten, die eine schwere Krankheit überlebten, und auch Gesunde. Sie sprachen mit ihnen über Wünsche, erfüllte wie unerfüllte, über Ängste und die glücklichen Momente. Die Quintessenz lautet: "Lebe bewusst und lustvoll im Hier und Jetzt, denn jeder Tag ist unwiederholbar." (Seite 110)
Herzlichst Ihr Andreas Petzold