Eilmeldung Regierung fürchtet neue Anschläge

Karlsruhe/Kiel/Berlin (dpa) - Nach der spektakulären Festnahme eines mutmaßlichen Bombenlegers in Kiel befürchten Bundesregierung und Sicherheitsbehörden weitere Terroranschläge in Deutschland. «So nah war die Bedrohung noch nie», sagte Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) am Wochenende.

Die Lage sei «ungewöhnlich ernst». Generalbundesanwältin Monika Harms äußerte den Verdacht, dass ein unbekanntes Netzwerk «schwere Gewalttaten in der Bundesrepublik» planten. Der am Samstag festgenommene 21-jährige Libanese wurde am Sonntag in Karlsruhe dem Ermittlungsrichter vorgeführt. Die Fahndung nach seinem Komplizen lief weiter auf Hochtouren. Die beiden sollen vor drei Wochen versucht haben, Regionalzüge nach Koblenz und Hamm mit Kofferbomben in die Luft zu sprengen.Der libanesische Student mit dem Vornamen Youssef Mohamad, der am Samstagmorgen auf dem Hauptbahnhof in Kiel festgenommen wurde, sei «definitiv» einer der Täter, sagte Harms am Samstag in Karlsruhe. DNA-Spuren aus einem Trolley mit dem Sprengsatz sowie Fingerabdrücke stimmten mit den Spuren des nun festgenommenen Verdächtigen überein. Der Student habe sich aus seinem Wohnort Kiel kurz vor der Festnahme am frühen Samstagmorgen absetzen wollen. Nach den Worten von desP Präsidenten des Bundeskriminalamts, Jörg Ziercke, gibt es keine belastbaren Erkenntnisse, dass islamistische Hintergründe vorliegen. «Das wird ermittelt», sagte Ziercke am Samstag in Kiel. Die Polizei setzte auch am Sonntag die Spurensuche in dem Kieler Studentenwohnheim fort, in dem der 21-Jährige gewohnt hatte.Nach den Worten Schäubles ist völlig unklar, wie viele potenzielle Terroristen in Deutschland leben. «Wir wissen gar nicht, wen wir hier alles noch haben», erklärte Schäuble am Samstagabend im ZDF. Der zweite mutmaßliche Bombenleger kommt nach Worten des BKA-Chefs Ziercke nicht aus Kiel. Ziercke warnte davor, in der Wachsamkeit nachzulassen. «Der zweite Tatverdächtige ist noch auf freiem Fuß.» Man wisse nicht was dieser vorhabe.Die beiden Männer sollen vor drei Wochen im Hauptbahnhof Köln Kofferbomben in Regionalzüge nach Koblenz und Hamm gelegt haben. Kurz vor den Zielorten sollten diese am frühen Nachmittag explodieren. Nur ein handwerklicher Fehler hat nach BKA-Erkenntnissen die Explosion und damit eine Katastrophe mit vielen Toten verhindert. Bereits bei ihren Ermittlungen war die Polizei auf Spuren nach Libanon gestoßen. In den nicht explodierten Koffern hatte sich ein arabisch beschriebener Zettel und Speisestärketüten eines libanesischen Herstellers gefunden.Der Student der Mechatronik wurde am Sonntagnachmittag in Karlsruhe dem Ermittlungsrichter vorgeführt. Ihm wird versuchter Mordes und die Mitgliedschaft in einer inländischen terroristischen Vereinigung vorgeworfen. Der Mann ist laut Harms im September 2004 nach Deutschland eingereist und seit Februar 2005 für Kiel gemeldet. Die Täter waren öffentlich zur Fahndung ausgeschrieben worden. Das BKA hatte am Freitag im Kölner Hauptbahnhof aufgenommene Videoaufnahmen der beiden Männer veröffentlicht. Der Festgenommene sei der Mann mit dem Trikot der deutschen Nationalmannschaft gewesen, der auf den Videoaufnahmen zu sehen sei, sagte Ziercke.Im Zuge der Fahndung nach den Bombenlegern hatte die Polizei am Samstag den Kieler Hauptbahnhof für rund fünf Stunden gesperrt. Laut Staatsschutz des Kieler Landeskriminalamts kam es gegen 03.40 Uhr zum Zugriff. Schleswig-Holsteins Innenminister Ralf Stegner (SPD) sagte, mehr als 100 Polizeikräfte seien im Einsatz gewesen. Nach Zierckes Worten hat «Verunsicherung und Fahndungsdruck» dazu geführt, dass der Mann festgenommen werden konnte. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) zeigte sich erleichtert über die Festnahme.Nach einer Bombendrohung ist der Hamburger Hauptbahnhof am Samstagabend für mehr als zwei Stunden komplett gesperrt worden. Ein anonymer Anrufer hatte nach Polizeiangaben behauptet, in dem Gebäude eine Bombe versteckt zu haben. Es wurde jedoch nichts gefunden, so dass der Verkehr nach zwei Stunden wieder freigegeben werden konnte. In Bonn, Koblenz, Ludwigshafen und Magdeburg hielten dagegen verdächtige Gepäckstücke Einsatzkräfte und Reisende in Atem. Alle Fälle erwiesen sich als harmlos.