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J. Peirano: Der geheime Code der Liebe Ich kann nicht akzeptieren, dass er nur Sex wollte

Wenn einer mehr möchte als der andere, wird es kompliziert (Symbolbild)
Wenn einer mehr möchte als der andere, wird es kompliziert (Symbolbild)
© nd3000 / Getty Images
Zwei Jahre lang traf sich Barbara mit einem Mann. Und hoffte, dass er trotz anderer Ansage doch mehr wollte als Sex. Ist es Zeit loszulassen?

Liebe Frau Peirano,

vor zwei Jahren habe ich mich im Schwimmbad in einen 42-jährigen, zwölf Jahre jüngeren Mann verliebt, obwohl ich in einer festen, aber leider platonischen Beziehung lebe. 

Meine Schwimmbadbekanntschaft machte gleich klar, dass er Sex will, aber emotional noch an seine Jugendliebe gebunden sei. Zwei Jahre lang haben wir uns einmal in der Woche getroffen und ich war alles für ihn – Sexpartnerin, Gesprächspartnerin, Beraterin, Schulter, an der man sich ausweinen konnte, Partnerin für gemeinsame Unternehmungen usw. 

Aber dennoch hat er mir emotional immer die rote Karte gezeigt – immer mit der Begründung, seine Gefühle für mich reichen nicht aus, er hätte nur Gefühle für die andere usw., bis ich es nicht mehr ausgehalten habe und es letzten September beendet habe. Ich hatte dabei die Hoffnung, dass er dann vielleicht merken würde, was ihm alles fehlen würde, weil er auch sonst niemanden hat. 

Als wir uns jetzt beim Schwimmen wiedergesehen haben, hat er auch freudig den Dialog wieder aufgenommen und ich war voller Hoffnung. Doch dann kam wieder die rote Karte und er setzte jetzt sogar noch einen drauf – er verabredete sich vor meinen Augen mit einer anderen Frau

Spielt seine große Liebe, die immer zwischen uns stand, plötzlich keine Rolle mehr? Das hat mir den Boden unter den Füßen weggezogen, ich habe ihn damit konfrontiert und er hat eiskalt reagiert. Natürlich habe ich die Geschichte wieder beendet, aber jetzt muss ich in dem Schwimmbad auch noch zusehen, wie er mit dieser anderen zusammenkommt. Leider gibt es kein anderes Bad, das für mich in Frage kommt. Ich möchte das Ganze nur verstehen. 

Warum habe ich ihm nicht gereicht? Warum ist er so? Haben Sie einen Rat für mich?

Viele Grüße

Barbara T.

Liebe Barbara T.,

für mich - mit dem Abstand, den ich habe - liest sich die Geschichte eigentlich ganz klar und "einfach". Sie haben einen Mann kennen gelernt und Sie haben sich verliebt. Er war von Anfang an transparent und hat Ihnen gesagt, dass er Ihnen zwar Sex, aber nicht seine Liebesgefühle anbieten kann.

Es hört sich so an, als wenn Sie ihm dann in den darauffolgenden zwei Jahren trotzdem sehr viel gegeben haben: Ihr Ohr, Ihren Rat, Halt. Ich vermute mal, dass Sie das in der Hoffnung getan haben, dass er sich dann in Sie verliebt? Ist Ihnen schon einmal in den Sinn gekommen, dass er sich wahrscheinlich so wenig um Sie bemüht hat, weil Sie schon so viel für ihn getan haben? Kann es sein, dass es ihn auch bedrängt und belastet hat, dass Sie so offensichtlich mehr wollten als er? Und um Distanz zu schaffen, hat er sich von Ihnen einfach lieben lassen und mitgenommen, was ihm gut tat, ohne sich um Sie zu kümmern. Noch mehr Nähe wollte er offensichtlich nicht.

Paartherapeutin Julia Peirano
© Foto: Kirsten Nijhof

Dr. Julia Peirano: Der geheime Code der Liebe

Ich arbeite als Verhaltenstherapeutin und Liebescoach in freier Praxis in Hamburg-Blankenese und St. Pauli. In meiner Promotion habe ich zum Zusammenhang zwischen der Beziehungspersönlichkeit und dem Glück in der Liebe geforscht und anschließend zwei Bücher über die Liebe geschrieben. 

Informationen zu meiner therapeutischen Arbeit finden Sie unter www.julia-peirano.info.

Haben Sie Fragen, Probleme oder Liebeskummer? Schreiben Sie mir bitte (maximal eine DIN-A4-Seite). Ich weise darauf hin, dass Anfragen samt Antwort anonymisiert auf stern.de veröffentlicht werden können.

Anscheinend haben Sie in den zwei Jahren nicht genug zurück bekommen, so dass Sie letztes Jahr frustriert und enttäuscht waren und sich dann zu einer Trennung durchgerungen haben. Es klingt ehrlich gesagt nach einem klassischen Minusgeschäft, und das tut natürlich dem, der mehr gibt, weh.

Ich werde jetzt mal unbequem und frage Sie, warum Sie sich am Anfang darauf eingelassen haben, obwohl er Ihnen ja klar und deutlich gesagt hat, was er möchte (und was nicht). Und obwohl Sie ihm zwei Jahre mehr gegeben haben als er Ihnen. Sind Sie es gewohnt, Minusgeschäfte zu machen, oder haben Sie vielleicht auch den Eindruck, dass Sie es nicht wert sind, voll und ganz geliebt zu werden? Ich denke auch mal an den Partner, mit dem Sie eine platonische Beziehung führen, obwohl Sie ja auch gerne Sex hätten….

Wie war es denn in Ihrer Ursprungsfamilie: Haben Sie sich da geliebt und angenommen gefühlt? Oder mussten Sie auch als Kind schon sehr viel tun, um da sein zu dürfen? Oftmals liegen die Wurzeln für Konflikte in der Liebe schon in der Kindheit, und es lohnt sich, das in Ruhe anzuschauen. Durch die unglückliche Liebesbeziehung werden dann alte Wunden aus der Kindheit gleich mit aufgerissen, und das tut dann doppelt weh.

Und da wir schon in der Kindheit sind: Was für Erfahrungen haben Sie mit dem Thema Hoffnung und Versprechungen gemacht? Wurde Ihnen immer etwas Schönes in Aussicht gestellt, was dann doch nicht eingetroffen ist (obwohl Sie sich dafür angestrengt haben)? Oder haben Sie sich selbst als Mädchen zum Trost immer wieder gesagt, dass alles gut ausgehen wird?

Es wäre interessant, da genauer hinzugucken.

Denn wenn ich auf die Geschichte mit Ihrem Bekannten aus dem Schwimmbad gucke, kann ich nur sagen, dass er Ihnen genau das angekündigt hat, was er wollte. Sex und sonst nichts. Keine Liebe, keine Bindung. Und das hat er auch genau so gemeint, deshalb ist es für ihn auch in Ordnung, mit einer anderen Frau anzubandeln. In seiner Auffassung hat er ja die Fronten geklärt.

Sie haben sich dafür entschieden, sein (für Sie faules) Angebot anzunehmen und mehr herauszuhören, als er jemals gesagt hat. Leider haben viele Menschen (insbesondere Frauen) in dieser Situation zu viel romantische Fantasie und überhören die Realität. Da liegt das Problem, denn Sie haben sich damit selbst verletzt. Ich sage Ihnen das in der Deutlichkeit, damit Sie besser auf sich aufpassen. Das heißt, dass Sie zukünftig mehr Verantwortung für Ihre Entscheidungen übernehmen und dafür sorgen, dass Sie Ihre Liebe und Ihre Fürsorge nur jemandem schenken, der da zu schätzen weiß und Sie auch kostbar behandelt.

Ich würde Ihnen nun raten, die Wunden nicht weiter aufzureißen, sondern nun Selbstschutz zu betreiben. Es mag zwar kein anderes Bad in Ihrer Nähe geben, aber Sie können sich ja mit Ihrer Bekanntschaft absprechen, wer an welchen Tagen zum Schwimmen geht. Dann können Sie beide in Ruhe trainieren und laufen sich nicht über den Weg.

Und wenn Sie Ihren Liebeskummer verarzten wollen, können Sie für sich sortieren, was mit Ihrer Verletzung wirklich mit dem Mann zu tun hat und was aus der Kindheit stammt. Schreiben Sie das ruhig immer wieder für sich auf - das hilft Ihnen bestimmt!

Herzliche Grüße

Julia Peirano

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