Liebe Frau Peirano,
meine Frau und ich haben ein großes Problem mit unseren Urlauben. Meine Frau fährt seit ihrer Geburt jedes Jahr mit ihren Eltern nach Dänemark. Immer in dasselbe Haus, es gehört meinen Schwiegereltern. Meine Frau liebt diesen Ort, er ist ihr zweites Zuhause. Sie ist vor vier Jahren wegen meiner Arbeit zu mir gezogen. Sie wohnte in Schleswig-Holstein, wir leben jetzt in Hessen. Ich weiß, dass sie ihre Familie vermisst. Im Urlaub kann sie mit ihren Eltern und Schwestern zusammen sein, und sie legt großen Wert darauf, dass unsere Kinder (6 und 4) viel mit ihren Cousins und Cousinen spielen können. Auch als Kind ist sie mit ihren Cousinen und Cousins in Dänemark gewesen. Das Ende vom Lied: Seit sechs Jahren fahren wir jeden Sommer für drei bis vier Wochen nach Dänemark, und da ich selbstständig bin, ist das fast mein gesamter Jahresurlaub.
Ich würde gerne mit meiner Frau und unseren Kindern mal ganz woanders Urlaub machen - in die Berge fahren oder nach Asien. Dänemark ist für mich ein ziemlich uninteressantes und reizloses Land. Mein Schwiegervater ist sehr dominant und wenn wir in Dänemark sind, tanzen alle nach seiner Pfeife. Er bestimmt die Essenszeiten, lädt uns zum Essen ein oder plant einen Ausflug, wir richten uns danach. Meine Frau hat damit kein Problem, aber ich möchte wenigstens im Urlaub machen, was ich will und mich nicht meinem Schwiegervater oder der ganzen Gruppe unterordnen.

Dr. Julia Peirano: Der geheime Code der Liebe
Ich arbeite als Verhaltenstherapeutin und Liebescoach in freier Praxis in Hamburg-Blankenese und St. Pauli. In meiner Promotion habe ich zum Zusammenhang zwischen der Beziehungspersönlichkeit und dem Glück in der Liebe geforscht, anschließend habe ich zwei Bücher über die Liebe geschrieben.
Informationen zu meiner therapeutischen Arbeit finden Sie unter www.julia-peirano.info.
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Im letzten Dänemarkurlaub habe ich mich öfters abgeseilt und war dann mit meinem großen Sohn angeln. Das hat meiner Frau überhaupt nicht gepasst. Sie will, dass ich die ganze Zeit an ihrer Seite bin. Mich nerven diese Urlaube zunehmend. Wir fahren dieses Jahr wieder hin, und ich würde es am liebsten absagen. Aber immer, wenn ich mit meiner Frau darüber sprechen will, wird sie sehr emotional. Sie weint, hat tagelang schlechte Laune und sagt, dass sie wegen mir in Hessen lebt und ihre Familie kaum sehen kann.
Wie kann ich das Problem lösen? Muss ich meiner Frau zuliebe Dänemark ertragen?
Viele Grüße
Thomas B.
Lieber Thomas B.,
ich kann gut verstehen, dass Sie im Urlaub etwas machen möchten, was Ihnen Spaß macht und Sie entspannt. Ein Urlaub kann eine gute Gelegenheit sein, mal etwas Neues kennenzulernen, viel Zeit mit den Menschen zu verbringen, die einem am Herzen liegen und den Menschen aus dem Weg zu gehen, die einen nerven. Im Urlaub kann man sich Träume erfüllen und etwas erleben, was sonst nicht möglich ist: Zum Beispiel in den Bergen zu wandern, wenn man im Flachland lebt. Oder ein exotisches Land entdecken. Außerdem bietet sich im Urlaub die einzigartige Gelegenheit, tun und lassen zu können, was man möchte - wer schafft das schon im Alltag zwischen den Verpflichtungen, die Arbeit und Familie mit sich bringen?
Ich kann sehr gut nachvollziehen, dass die immer gleichen Urlaube in Dänemark weit entfernt von dem sind, was Sie sich wünschen. Sie müssen sich im Haus der Schwiegereltern ständig anpassen - das sorgt bei Ihnen für Anspannung. Anspannung gepaart mit Langeweile ist eine fatale Mischung - das sorgt für schlechte Laune!
Andererseits haben Sie aber auch gut erklärt, warum der Urlaub in Dänemark für Ihre Frau so wichtig ist: Sie möchte nichts Neues erleben, sondern an dem Ort sein, der für sie am Schönsten und Vertrautesten ist. Und Sie möchte mit ihren eigenen Lieben zusammen sein, und das ist nicht nur ihre kleine Familie, sondern das ist die Großfamilie.
Was ich schwierig finde, ist die mangelnde Verhandlungs-und Kompromissbereitschaft, die Sie an Ihrer Frau beobachten. Bei so gegensätzlichen Vorstellungen von Bereichen des Zusammenlebens (ob Wohnungseinrichtung, Urlaubsgestaltung oder Erziehung) ist ein offener Austausch außerordentlich wichtig, ebenso dass beide die Bereitschaft zeigen, eine Lösung zu finden, die allen gerecht wird. Sie sagen, dass Ihre Frau weint, ihre schlechte Stimmung zur Schau stellt oder das Gespräch abblockt, wenn es um den Urlaub geht. Das sind Erpressungsmethoden, jedenfalls wenn nicht nach einer ersten emotionalen Reaktion ein besonnenes Gespräch gesucht wird.
Und es wäre ja nicht besonders schwer, in dieser Frage Kompromisse zu finden. Zum Beispiel: In einem Jahr fährt man nach Dänemark, im Jahr darauf zu viert an einen anderen Ort. Oder: Ihre Frau verbringt die Ferien mit ihrer Familie in Dänemark und Sie kommen nur ein paar Tage dazu. Der Urlaub in der Kleinfamilie findet dann zum Beispiel in den Herbstferien statt und geht an einen Ort, den Sie als Paar aussuchen. Eine dritte Variante: Sie fahren zwar nach Dänemark, mieten dort aber ein eigenes Häuschen (ein paar Orte weiter) und treffen sich nur gelegentlich mit der Familie Ihrer Frau. Es gäbe auch Ausflüge/Strandtage oder Restaurantbesuche nur in der Kleinfamilie. Und Sie selbst könnten den Tag auch mal alleine oder mit Ihrem Sohn verbringen, während Ihre Frau sich mit Ihrer Familie trifft.
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Herzliche Grüße, Julia Peirano
Es hört sich aber so an, als wenn diese fairen Lösungen von vorne herein von Ihrer Frau im Keim erstickt werden. Deshalb vermute ich, dass das Problem tiefer liegt als "nur" in der Urlaubsgestaltung. Ich frage mich, inwieweit Ihre Frau sich bereits von ihren Eltern abgenabelt hat. Sie scheint sehr an ihren Eltern zu hängen und ihre Anordnungen "blind" zu befolgen, auch wenn das Unfrieden in ihrer Ehe bringt. Es ist ja immer eine schwierige Situation, mit mehreren Generationen unter einem Dach zu leben. Da das für Sie nicht klappt, wie man an Ihrer Schilderung merkt, sollte eine andere Lösung gesucht werden, die die Kleinfamilie deutlicher von der Großfamilie trennt. Ihre Frau ordnet sich jedoch den Wünschen ihrer Eltern unter und erwartet von Ihnen, dass auch Sie sich anpassen und wie ein Kind im Haus der Schwiegereltern leben. Die Elternbeziehung wird über die Paarbeziehung gestellt. Ihre Frau bleibt Kind ihrer Eltern und kann so nicht gleichzeitig ihrer Rolle als Partnerin gerecht werden. Ihre Frau möchte das Dänemark-Glück nicht nur für sich selbst und die Kinder, sondern Sie sollen an ihrer Seite sein. Das ist sehr dominant - ähnlich wie Ihr Schwiegervater, der verlangt, dass alle nach seiner Pfeife tanzen.
Die mangelnde Ablösung Ihrer Frau von ihrer Ursprungsfamilie auf Kosten Ihrer Kleinfamilie und die Dominanz Ihrer Frau Ihnen gegenüber sollten Sie unbedingt genauer unter die Lupe nehmen. Sie führen jetzt schon zu Ärger und unausgesprochenen Konflikten, und mit den Jahren könnte das wirklich kritisch werden. Mein Vorschlag: Erzählen Sie Ihrer Frau, wie Sie sich fühlen und bitten Sie sie um Gespräche. Wenn Ihre Frau nicht bereit ist, sollten Sie einige Gespräche beim Paartherapeuten vorschlagen. Es ist allemal besser, wenn Sie jetzt zur Paartherapie gehen, als wenn es bereits "fünf nach zwölf" ist. Wenn Ihre Frau nicht bereit dazu ist, könnten Sie sie fragen, wie sie sich an Ihrer Stelle fühlen würde. Oder Sie kündigen an, dieses Jahr nicht mit nach Dänemark zu kommen, wenn es vorher keine Klärung gegeben hat.
Denn eines ist klar: Es wäre für Sie beide nicht gut, wenn es jahrelang so weiter ginge.
Herzliche Grüße
Julia Peirano