In dem Verfahren wird dem Vorwurf nachgegangen, dass Eon, RWE, Vattenfall und EnBW Möglichkeiten zum vorgeschriebenen Austausch sogenannter Regelenergie nicht ausreichend genutzt und viel mehr Strom als nötig in Rechnung gestellt hätten. Regelenergie ist nötig, um Schwankungen im Stromnetz auszugleichen. Die Netzagentur hat Zeit bis Anfang Juni, eine Entscheidung zu treffen.
Die Regelenergie dient zum Ausgleich der Differenz zwischen Strom- Produktion und Verbrauch sowie möglicher Spannungs-Schwankungen zum Beispiel durch die wetterabhängige Windstromproduktion oder den Ausfall von Kraftwerken. Sie wird extra dafür produziert und den Kunden in Rechnung gestellt. Das Energiewirtschaftsgesetz schreibt den Netzbetreibern vor, zusammenzuarbeiten, um den Aufwand an dieser Ausgleichsenergie möglichst niedrig zu halten.
"Absurde Situation"
Das Verfahren geht auf eine Beschwerde des Ökostromanbieters Lichtblick und des Bundesverbandes Neuer Energieanbieter zurück. Sie hatten in einem Gutachten untersuchen lassen, wie sich die Produktion von Regelenergie in den Netzen der vier Versorger in den Jahren 2006 und 2007 entwickelt habe. Die Mengen seien viertelstündlich verglichen worden, berichtete Lichtblick am Sonntag.
Dabei sei regelmäßig die "absurde Situation" festgestellt worden, dass in einem Netz eine Unterdeckung durch extra produzierten Regelstrom ausgeglichen werde, während es in einem anderen Netz eine "Überspeisung" gebe, die dafür auch hätte genutzt werden können, hieß es. So hätte "in 75 Prozent aller Viertelstunden der Jahre 2006 und 2007 der Bedarf an Ausgleichsenergie gesenkt werden können", lautet der Vorwurf. Demnach hätten die berechneten Kosten für die Beschaffung von Regelenergie im Jahr 2006 um knapp 38 Prozent oder 314 Millionen Euro reduziert werden können und im Jahr 2007 um rund 494 Millionen.
"Völlig aus der Luft gegriffen
Ein RWE-Sprecher wies die Darstellung der Wettbewerber als "haltlos" zurück. Die Summe von 800 Millionen Euro sei "völlig aus der Luft gegriffen", sagte er. "Die Regelenergie-Produktion folgt einer jahrelangen Praxis in enger Abstimmung mit der Bundesnetzagentur und durch offene Ausschreibungsverfahren." Der Sprecher machte geltend, dass das europäische Stromnetz in 29 Regelzonen unterteilt sei, die autonom betrieben werden, um bei Ausfällen nicht die Stabilität der gesamten Stromversorgung zu gefährden. Entsprechend solle zwischen ihnen auch keine Regelenergie ausgetauscht werden. In Deutschland gebe es vier solcher "Sicherheitszellen". Es sei ein "Anliegen" der Netzbetreiber, die Regelenergiekosten zu senken. Ohnehin seien sie nicht an deren Anstieg interessiert, weil sie sie erst mit einem Zeitverzug von zwei Jahren in den Netzentgelten gelten machen könnten.
Auch E.ON verwies laut dem Nachrichtenmagazin "Der Spiegel", das zuerst von dem Verfahren berichtete, darauf, dass Regelenergie zentral auf einer Internet-Plattform nach Vorgaben der Netzagentur beschafft werde.
Grünen-Fraktionschefin Renate Künast bekräftigte angesichts des Verfahrens die Forderung nach einer Zerschlagung der Stromkonzerne: "Die Verbindung von Netz und Produktion schafft den Konzernen eine Blockademacht." Kleinen Produzenten erneuerbarer Energie werde die Einspeisung ihres Stroms in die Netze erschwert. Die Nachlässigkeit der Bundesregierung bei der Missbrauchskontrolle sei ein "eklatanter Fehler".