Interessenten soll künftig ein Blick in den Ausweis genügen, um zu erkennen, ob sie es mit einer "Energieschleuder" zu tun haben oder nicht. Was für Kühlschränke und Waschmaschinen schon lange gilt, wird im nächsten Jahr auch zum Bewertungskriterium für bestehende Häuser und Wohnungen. So sieht es die Gebäuderichtlinie der Europäischen Union vor, die 2006 auch in Deutschland umgesetzt werden muss.
Bislang ist der Nachweis des Energiebedarfs eines Gebäudes nur bei Neubauten Pflicht. Das wird sich jedoch ändern. "Wir begrüßen das", betont Hans Weinreuter, Energieexperte der Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz. Käufer wie Mieter könnten in Zukunft von Anfang an beurteilen, wie hoch die Heiz- und Warmwasserkosten im Objekt ausfallen, wie viel Energie benötigt wird, wie es um Dämmung und Heizungsanlage bestellt ist. "Umso wichtiger in diesen Zeiten, in denen die Energiepreise explodieren", meint Ulrich Ropertz, Sprecher des Deutschen Mieterbundes. "Eine grundsätzlich vernünftige Idee", lobt auch Corinna Merzyn, Sprecherin des Verbands privater Bauherrn (VpB) in Berlin.
Eigentümer können nicht zur Modernisierung gezwungen werden
Eigentlich sollte der neue Energieausweis im Januar schon verbindlich eingeführt werden. Durch Neuwahl und Regierungsbildung dürfte sich der Starttermin allerdings verzögern. Sämtliche wichtigen Details müssen noch in einer Verordnung geregelt werden. "Und mit der möglichst einheitlichen Gestaltung des Dokuments steht und fällt die Wirksamkeit des Passes", betont Ropertz. Geplant ist folgendes: Hausbesitzer, die neu vermieten oder verkaufen wollen, können sich um den Energiepass nicht herumdrücken. Wer den Ausweis haben will, muss Fachleute beauftragen, die das Anwesen auf den energetischen und baulichen Zustand untersuchen und auch Sanierungsempfehlungen geben. In den Pass sollen alle wichtigen Kenndaten aufgenommen werden, die Einfluss auf den Energieverbrauch haben.
Eigentümer können allerdings nicht zur Modernisierung gezwungen werden, falls die Werte ihres Gebäudes schlecht ausfallen. Die Eingruppierung im Ausweis soll zunächst einmal der Information von Besitzer und Interessenten dienen - und der Vergleichbarkeit von Häuserangeboten. Deshalb können auch Mieter die Miete nicht mindern und Käufer nicht nachträglich den Kaufpreis anfechten, sollte der Energieverbrauch nach dem Einzug höher sein als im Pass angegeben. "Das Ganze soll mehr Wettbewerb und Transparenz auf dem Wohnungsmarkt bringen", sagt Ropertz. Die Entscheidung, eine Wohnung anzumieten oder zu kaufen, werde künftig auch davon abhängig sein, wie viel Energie sie "frisst". Top-Energiesparhäuser mit niedrigen Heizkosten hätten dann einen erheblichen Wettbewerbsvorteil gegenüber alten, nicht modernisierten Gebäuden. Und Potenzial für Mieterhöhungen.
Der Energiepass
Was er ist, wer ihn braucht, was er bringt, erklärt die Zeitschrift HÄUSER auf ihren Internetseiten.
Wie wird gerechnet, wer darf beraten?
Wie ein Energiepass im Detail aussehen wird, ist noch nicht raus. Das wird in den nächsten Wochen per Verordnung festgelegt. Gestritten wird unter anderem darüber, ob die Ausweise auf der Grundlage eines theoretisch berechneten Bedarfs oder anhand praktisch gemessener Verbrauchswerte ausgestellt werden sollen. "Das ist aber sehr wichtig, der Teufel steckt im Detail", sagt Weinreuter. Ebenfalls noch nicht entschieden ist, wer berechtigt sein wird, den Energiepass überhaupt auszustellen - ausschließlich Architekten und Ingenieure oder zusätzlich auch noch Handwerker, Schornsteinfeger oder Anbieter aus dem Baustoffhandel.
"Objektiv und ausreichend qualifiziert müssen die Energieberater sein und zudem noch mit einem einheitlichen Standard rechnen", fordert Merzyn. Nur so könnten Mogeleien und Schönfärbereien halbwegs ausgeschlossen werden. Ihr Tipp: Wer in nächster Zeit sein Haus verkaufen und die neue Verordnung nicht abwarten will, kann sich schon jetzt einen freiwilligen Energiepass für die kommenden zehn Jahre ausstellen lassen, und zwar von einem neutralen Energieberater. Bei der Suche nach Experten bieten unter anderem der Verband privater Bauherrn oder die Verbraucherzentralen vor Ort Unterstützung. Informationen bietet auch die Deutsche Energie-Agentur (dena). Der dena-Ausweis kostet für ein Einfamilienhaus mindestens 150 bis 200 Euro.
Berrit Gräber/AP