Die Erste Klasse bei der Bahn legt zu. Zwar sind die Tickets teurer als für die meisten anderen Plätze in den Großraumwagen und Abteilen. Doch im Windschatten der Preiskämpfe mit den Billigfliegern kann der bundeseigene Konzern auch die Reihen mit den breiteren Sesseln zusehends besser füllen. Allerdings verlangen Fahrgastvertreter, dass es für mehr Geld aber auch spürbar mehr Qualität geben müsse.
Klein, aber fein - und wichtig
Dass ICE und Intercity im Ringen um die Passagiere zulegen, registriert die Bahn auch in der Ersten Klasse, auf die etwa ein Fünftel aller Sitze entfällt. Ihre Auslastung stieg im vergangenen Jahr von 26 auf 29 Prozent, wie ein Sprecher sagt. Dies trug denn auch mit dazu bei, dass in den Fernzügen überhaupt weniger Plätze leer blieben. Insgesamt erhöhte sich die Auslastung bis September um 1,4 Punkte auf 42,5 Prozent, wofür aber auch mehrere Sonderaktionen mit Billigtickets in der Zweiten Klasse sorgten. Doch wirtschaftlich ist die kleinere, aber feine Erste Klasse für die Bahn wichtig - so wie die einträglichere Business Class für die Fluggesellschaften.
Der Unterschied beim Fahrpreis ist deutlich. Die Reise von Berlin nach Frankfurt/Main kostet zum Beispiel 154 Euro statt 98 Euro in der Zweiten Klasse. Im ICE von Köln nach Stuttgart sind Erster Klasse 132 Euro statt 84 Euro fällig. Und als die Bahn Ende vergangenen Jahres die allgemeinen Tarife erhöhte, kam für Premium-Kunden zusätzlich ein Aufschlag von 1,3 Prozent dazu. Zu den häufigsten Nutzern der Ersten Klasse zählen denn auch Geschäftsleute, die vor allem morgens und abends auf den Rennstrecken zwischen den großen Städten pendeln. Aber auch viele ältere Leute gönnen sich gern einmal eine besondere Reise.
Reisebüros bekommen "attraktive Provisionen"
"Der Komfort muss dem höheren Fahrpreis angemessen sein", sagt Karl-Peter Naumann, Vorsitzender des Fahrgastverbands Pro Bahn. Nur eine "Eins" an der Glastür oder eine andere Farbe der Sitzpolster wie in manchen Regionalzügen reichten nicht aus. Auf den kurzen Strecken im Nahverkehr spielt die Erste Klasse jedoch nur eine geringe Rolle mit gerade einmal zehn Prozent am Platzangebot. Im Fernverkehr lockt die Bahn dagegen mit einer Reihe von Annehmlichkeiten unter dem Motto "Mehr Platz, mehr Service, mehr Genuss" - und umwirbt Reisebüros mit "attraktiven Provisionen" für den Verkauf von Erste-Klasse-Tickets.
Für die Gäste soll sich vor allem eine entspanntere Reise bezahlt machen. Der Sitzabstand ist mit 1,01 Metern neun Zentimeter größer als in der Zweiten Klasse, und mit drei statt vier Sesseln pro Reihe ist überhaupt mehr Freiraum im Waggon. Am Platz serviert werden Snacks vom "hellen Hefe-Weißbier" für 3,70 Euro bis zum "köstlichen Butterkuchen" zu 2,30 Euro. Börsentäglich gibt es morgens und abends Wirtschaftsblätter im kostenlosen Kompaktformat. In den besonders schnellen ICE-Sprinter-Verbindungen mit Aufpreis sind auch kleine Speisen und Tageszeitungen inklusive. In größeren Bahnhöfen gibt es separate Ticketschalter und bundesweit bisher 13 Warte-Lounges.
Besonders Geschäftsreisende lieben sie
Dass es einen leichten Trend zur Ersten Klasse gebe, hänge auch mit der stärkeren Auslastung der Zweiten Klasse zu Stoßzeiten etwa vor und nach dem Wochenende zusammen, heißt es bei der Bahn. Denn viele Geschäftsleute wollen während der Fahrt in Ruhe arbeiten. Für Firmen hat die Buchungskategorie als Hebel zur Kostensenkung bei dienstlichen Fahrten zudem etwas an Bedeutung verloren, wie eine Analyse des Verbands Deutsches Reisemanagement ergab. Aber auch für ganz normale Gäste könnte die erste Klasse attraktiver werden, meint Pro-Bahn-Chef Naumann - etwa mit einem geringeren Aufpreis zu Zeiten, in denen sonst besonders viele der breiten Sessel leer bleiben.