Reform Staat setzt Geldvergabe als Motor ein

Deutsche Hochschulen gelten als schwerfällige Tanker, die nur mühsam auf Reformkurs zu bringen sind. Mit einem neuen Finanzierungssystem versuchen derzeit die Bundesländer, ihre Hochschulen effektiver zu machen.

Mit einem neuen Finanzierungssystem versuchen derzeit die Bundesländer, ihre Hochschulen effektiver zu machen - auch angesichts der Ebbe in den staatlichen Kassen. Vorgeprescht bei den Reformen ist Rheinland- Pfalz, das bereits 1994 begonnen hat, seine Hochschul-Flotte in Bewegung zu setzen und inzwischen Erfolge sieht. "Die deutsche Hochschule ist viel reformfähiger als wahrgenommen. Es tut sich viel", sagte der rheinland-pfälzische Wissenschaftsminister Jürgen Zöllner (SPD) der dpa. "Aber man braucht Geduld."

In diesem Jahr will Rheinland-Pfalz mit einem für Hochschulen ganz neuartigen "Flächenmanagement" für Gebäude und Räume beginnen. "Das ist ein völliger Systemwechsel", sagte Zöllner. Mit der Einführung von Leistungskriterien für die Geldvergabe an seine Hochschulen hatte das Land bereits in zwei Schritten 1994 und 1998 Neuland betreten. Neben einer Mittelvergabe nach Indikatoren zählen auch Anreiztöpfe für Innovationen, Pakte und Zielvereinbarungen zu den modernen Instrumenten des Staates, um die Hochschulen zu steuern.

Eigenverantwortlich wirtschaften

Als neues Ziel wird dabei eine Output-orientierte Finanzierung angepeilt, die zu einer größeren Wirtschaftlichkeit und Eigenständigkeit der Hochschulen führen soll - ohne staatliche Zwecke aufzugeben. Dafür wird das herkömmliche Haushaltsrecht modifiziert. In einigen Länder wie Niedersachsen bekommen die Hochschulen ein so genanntes Globalbudget; die Mittel können sie eigenverantwortlich verwenden. Auch müssen Hochschulen künftig wirtschaftliche Buchführung betreiben.

In Hessen brachte die bisherige Wissenschaftsministerin Ruth Wagner (FDP) im Vorjahr ein ganzes Reformpaket auf den Weg. "Während Rheinland-Pfalz die Eigenverantwortung der Hochschulen für Finanzen schrittweise stärkte, will Hessen jetzt alles Neue auf einen Schlag umsetzen", sagte Frank Ziegele vom Centrum für Hochschulentwicklung (CHE/Gütersloh) dazu der dpa.

Gefahr von Abwärtsspiralen

Hessen konstruierte für seine zwölf Hochschulen ein Drei-Säulen-Modell, das erstmals 2003 greift. Danach errechnen sich 80 Prozent der Mittel aus der vereinbarten Studentenzahl in der Regelstudienzeit; 15 Prozent werden als "Erfolgsbudget" nach Leistung vergeben; weitere 5 Prozent für innovative Projekte. Das ist Vorbild auch für andere Länder, so Hamburg. Parallel dazu hat Hessen einen Hochschulpakt sowie Zielvereinbarungen geschlossen.

Mittlerweile werden in allen Ländern bestimmte Hochschulmittel nach leistungsbezogenen Indikatoren verteilt. Kriterien sind vor allem Studentenzahlen, Zahl der Absolventen, Promotionen, Drittmittel oder auch Frauenförderung (so in NRW, Baden-Württemberg, Bayern) und Internationalität gemessen am Anteil der ausländischen Lehrkräfte oder Studenten. Ein Nachteil von Indikatoren ist laut Ziegele die "Gefahr von Abwärtsspiralen: Wer eine schlechte Ausgangsbasis in Bezug auf die Indikatoren hat, bekommt weniger Geld, wird noch schlechter, erhält noch weniger Geld - und umgekehrt".

Abschied von der Voll-Universität

Zahlreiche Länder haben in den vergangenen Jahren einen Hochschulpakt - auch Solidar- oder Qualitätspakt genannt - mit allen Hochschulen gemeinsam geschlossen. Ausnahmen sind bislang Bayern, Rheinland-Pfalz, Schleswig-Holstein und Sachsen. Damit gingen fast ausnahmslos Sparmaßnahmen einher. Im Gegenzug sicherten die Regierungen ihren Hochschulen mittelfristige Planungssicherheit zu. Etliche Länder haben Zielvereinbarungen mit jeder Hochschule individuell getroffen. Dabei geht es einerseits um Ziele und Profil der einzelnen Hochschule. Andererseits geht es darum, das Studienangebot eines Landes zu straffen und an bestimmten Hochschulen zu konzentrieren.

Derartige Vorhaben, wie sie beispielsweise in Nordrhein-Westfalen, Hamburg oder Sachsen verfolgt werden, bedeuten im Kern einen Abschied von der Volluniversität. Dabei verfolgt offenbar jedes Bundesland seine eigene Konzentrationsstrategie, ohne dass ein bundesweit abgestimmtes Konzept vorliegt.

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