Ausstellung zur WM Warhols Beckenbauer in Berlin

Der Fußball rollt ins Museum: In der Berliner Ausstellung "Rundlederwelten" zeigen 74 internationale Künstler ihre Sicht auf den grünen Fußballrasen.

Die Haare des Kaisers sind blau, durchsetzt von orangenen Strähnen. Pop-Art-Künstler Andy Warhol porträtierte mit Vorliebe Weltstars, ganz gleich ob Marilyn Monroe, Elvis Presley oder Mao. 1982 war Franz Beckenbauer an der Reihe - seinerzeit Spieler bei Cosmos New York. Das Ergebnis ist in der Ausstellung "Rundlederwelten" im Berliner Martin-Gropius-Bau zu sehen, die Fußballfan und Noch-Kanzler Gerhard Schröder am Mittwoch eröffnen soll. Die "weltweit größte Fußballausstellung" soll, so hoffen die Veranstalter, ein Höhepunkt des Kunst- und Kulturprogramms der Bundesregierung zur Fußball-WM 2006 werden. Sie versprechen nicht zu viel.

Im Mittelpunkt sind Emotionen

Die über 200 Werke, darunter Gemälde, Videos, Fotografien, Installationen, Plastiken und Zeichnungen bieten leidenschaftliche, provozierende und lustige Ansichten zum Thema Kunst und Fußball - erschaffen von 74 Künstlern aus 20 Nationen. Es ist zeitgenössische Kunst, die zum Großteil in den letzten 15 Jahren entstand, die da auf 2.000 Quadratmetern Fläche präsentiert wird. Mal kritisch, mal ernst, mal zynisch, mal naiv wird das Alltagsphänomen Fußball künstlerisch erfasst. Im Mittelpunkt stehen die Emotionen, die Fans, Medien, Spieler, Regeln, Schiedsrichter und natürlich der Ball.

200 Tickets fürs WM-Finale - kein Problem

Sogar der Weltmeister und alle Spielergebnisse der WM 2006 stehen - in der Ausstellung - schon fest: In einer Rauminstallation von Michael Staab, einem "Büro für Desinformation", sind alle Ergebnisse aufgelistet, Deutschland wird demnach gewinnen. Eine junge Dame (echt und leibhaftig) mit blauem Auge (unecht und geschminkt) und blutender Nase (unecht und geschminkt) möchte alle Wünsche erfüllen. 200 Eintrittskarten für das Finale will sie bestellen - und dazu auch Steaks und Bier. Für sie ist das alles kein Problem. "Wir sind übergeordnet", sagt sie - auch über WM-Chef-Organisator Franz Beckenbauer. Dieser schwebt sowieso wie ein guter Geist durch die Schau. Ein aktuelles Foto von ihm, auf dem er mit Kopf und Schulter Orangen gegen eine Hauswand drückt, ziert die Ausstellungs-Werbebroschüre. Darüber hinaus ist er als Skulptur zu sehen - und ein aktuelles Porträt zeigt ihn neben seinen Mitspielern der Weltmeister-Mannschaft von 1974.

Hier kann der Besucher mitkicken

Es ist eine Ausstellung, in der die Besucher sich auch selbst sportlich betätigen können. Drei pinkgelb bemalte Torwände und mehrere daneben liegende Schaumstoffbälle laden zu Schüssen ein. Das Treffen fällt ob der schrillen Farben allerdings schwer. Dann gibt es noch einen Kickertisch, der allerdings nicht berührt werden darf. Die Figuren sind keine Fußballer, sondern Heiligenfiguren. In fast allen Räumen sind Geräusche von jubelnden Fans zu hören. Ein Video zeigt, wie zwei Mannschaften im Nebel gegeneinander spielen, bis der Ball gar nicht mehr zu sehen ist. Ein zweites, wie zwei Teams in eleganten, schwarzen Anzügen auf dem Rasenplatz gegeneinander grätschen. Ein drittes, wie orientierungslos Spieler werden, wenn plötzlich ein zweiter Ball im Match auftaucht. Auf einem sich ständig auf und ab bewegenden Robotertisch kreiselt ein Ball hin und her, fällt aber nicht herunter. Nicht weit davon ist ein völlig zerstörtes Fußballtor zu sehen, das auf dem Boden liegt.

Kunst seziert die schönste Nebensache der Welt

Immer wieder zeigt sich die Kunst in der Ausstellung als kluge Beobachterin der schönsten Nebensache der Welt. Neben Warhol sind Künstler wie Markus Lüpertz, Andreas Gursky und Erwin Wurm beteiligt. Die Schau läuft bis zum 8. Januar. Sie ist mittwochs bis montags jeweils von 10.00 bis 20.00 Uhr geöffnet, dienstags ist geschlossen. Der Eintritt kostet sechs, ermäßigt vier Euro. Der Katalog ist für 9,90 Euro zu haben. http://www.rundlederwelten.net/

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Holger Mehlig/AP