Corona-Krise Die Außengastronomie darf wieder öffnen - (k)ein Grund zur Freude?

Gastronomie
Endlich: Die Gastronomie darf wieder öffnen - zumindest draußen
© Getty Images
Zu Pfingsten darf in vielen Bundesländern die Außengastronomie nach sieben Monaten im Lockdown wieder öffnen. Auch in Hamburg. Eigentlich ein Grund zur Freude. Aber nicht alle sind glücklich darüber. Wir haben mit Gastronomen aus der Hansestadt gesprochen.

Gastronom*innen sind Menschen, die nicht ruhig sitzen können. Sie wollen sprudeln, kreativ sein, gastgeben und Neues entwickeln. Die Corona-Krise bringt diejenigen, die fürs und vom Gastgeben leben, an ihre Grenzen, manche bringt sie aber auch um ihre Existenz. Viele Bundesländer, auch Hamburg, läuten jetzt die Wiedereröffnung der Gastronomie ein. Zuerst nur die Außengastronomie. Das bedeutet konkret: Es dürfen höchstens fünf Personen aus maximal zwei Haushalten an einem Tisch sitzen und die Kontakte müssen nachverfolgbar sein. Ein Schnelltest wird nicht erforderlich sein. Endlich ein Grund zur Freude? Nicht für alle Gastronom*innen, denn die Angst vor einem Lockerungschaos wie im vorherigen Jahr ist groß, zudem haben nicht alle Restaurants Außenflächen, die eine Wiedereröffnung lohnend machen.

"Wir brauchen eine Planungssicherheit", sagt Tim Lang, Gastronom aus Hamburg, der unter anderem die Bistro-Bar "Botanic District" und das Frühstückscafé "Was wir wirklich lieben" betreibt. "Wir holen Mitarbeiter aus der Kurzarbeit heraus, füllen das Kühlhaus mit Ware, und wenn das Wetter nicht mitspielt? Dann schicken wir die Mitarbeiter wieder nach Hause und das Kühlhaus bleibt voll. Damit macht man keine nachhaltige Öffnung", sagt der Gastronom und prangert damit die Politik an.

"Wir vermissen es, Gäste zu bewirten"

Er hätte sich gewünscht, dass es genaue Regelungen schon im Lockdown gegeben hätte, damit man sich darauf vorbereiten könnte, wenn wieder geöffnet wird. "Wir vermissen es, Gäste zu bewirten, aber rein aus wirtschaftlichen Gründen, müssen wir erstmal auf Sparflamme fahren", sagt Lang. Die Außenflächen seiner Restaurants öffnet er daher erst langsam, die Bar "Botanic District" bleibt erstmal zu. "Vielleicht öffnen wir im Juli, ich möchte lieber noch abwarten, was sich tut. Es ist eine Umstellung, auch von den Arbeitsabläufen. Wir haben monatelang nur aus dem Fenster verkauft, Bewirtung am Tisch ist wieder eine andere Nummer."

Jan Tran betreibt das vietnamesische Restaurant "Or-en Ishii", das eng, klein und wuselig ist, und vietnamesische Küche auf Höchstniveau kocht, aber nur eine kleine Außenfläche hat: "Grundsätzlich begrüßen wir die Öffnung der gastronomischen Außenbereiche. Für unseren Betrieb aber wird sich nichts ändern, wir machen weiter Take-away", sagt Tran. Bei dem wechselhaften Hamburger Wetter sei alles andere nicht umsetzbar.

Thomas Meyer, der das Restaurant "Küchenfreunde Grindelhof" betreibt, ist vor allem dankbar, dass endlich etwas passiert: "Ich bin glücklich, dass endlich Bewegung reinkommt. Natürlich ist die Wetterlage schwierig, aber das ist jetzt der erste Schritt zur Normalität."

Gastrostimmen, die jetzt gegen die Öffnungen wettern und monieren, dass sie das Restaurant nicht so schnell öffnen können, weil ihnen Ware fehle oder gar Personal, dafür hat Meyer kein Verständnis: "Man muss nicht vom ersten Tag an das volle Sortiment haben, eine Woche ist genug Zeit, um seinen Laden wieder auf Vordermann zu bringen. Nach sieben Monaten ist es für meine Mitarbeiter und mich gar nicht so schlecht, einen soften Start zu haben. Die Gäste sind ausgehungert und wir müssen uns auch erstmal wieder eingrooven." Meyer ist mit seinem Restaurant bislang gut über die Runden gekommen - mit Außer-Haus-Geschäft. Aber er freut sich endlich wieder auf "Tellern zu kochen und unser Essen nicht mehr in Pappkartons zu servieren, die nicht nur teuer sind, sondern auch alle im Müll landen."

Was wird aus den Lockdown-Konzepten?

Beunruhigt sind aber auch Gastronomen, die den Lockdown genutzt haben, um neue Konzepte zu entwickeln und an den Gast zu bringen: Vincent Dormeier, der mit seinem Kollegen Florian Ridder das Restaurant "Lesser Panda Ramen" im Hamburger Karolinenviertel betreibt, hat die Zwangspause genutzt, einen Onlineshop aufzubauen. Im Dezember 2020 habe der Shop mehr Einnahmen generiert als der klassische Restaurantbetrieb im Vorjahr. Obwohl die Kund*innen aus der Ferne nicht anreisen konnten, mussten sie nicht auf die Ramen verzichten, ihre Produkte schickten die beiden bis ins Allgäu, sagt Domeier dem stern.

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Jetzt lassen die Bestellungen aber stetig nach, das liegt daran, dass immer mehr Bundesländer die Außengastronomie öffnen. Das Restaurant habe zwar eine Terrasse für die Gäste, aber den Online-Shop und die Außengastronomie zu betreiben, dafür braucht es viel Personal. Und weiterhin nur auf den Online-Shop zu zählen, lohnt sich wirtschaftlich nicht. Ist das Wetter wiederum schlecht, fällt der ganze Tagesumsatz buchstäblich ins Wasser. Restaurant und den Online-Shop aufrecht zu erhalten, braucht es viel Personal. Nur eins von beiden lohnt sich jedoch auch nicht. Es ist eine Zwickmühle. Aber es ist zumindest ein Grund zur Hoffnung. Nicht nur die Gastronom*innen vermissen ihre Gäste, sondern die Gäste auch ihre Lieblingsrestaurants. 

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