Köstritzer Music Cooking Club Kann man Musik schmecken?

Von Wiebke Wetschera
Wir wissen wie Salat schmeckt. Wir wissen wie Käse schmeckt. Wir wissen wie Brot schmeckt. Aber wie schmeckt eigentlich Musik? Der Köstritzer Kochclub will Musik schmackhaft machen. Ein Selbstversuch.

Ein Teller mit köstlich duftendem Essen steht vor mir. Fisch, Spinat und Sauce Béarnaise sind zu einem kleinen Kunstwerk auf dem Teller zusammengesetzt. Mein Trommelfell vibriert zur Live-Musik. "Jeder verdient seine kleine Idylle" singt die Stimme im Hintergrund. Ich nehme ein Stück von dem Fisch, etwas Spinat und einen Hauch von Soße, schiebe mir die Gabel langsam in den Mund und lasse sie diese Kombination auf der Zunge zergehen. Und tatsächlich: Das Essen ist genau meine Idylle. Eine kulinarische Idylle mitten in Berlin.

Musik und Kochen vereint

Eins haben die Musik und das Kochen gemeinsam: Beide sind kreative Kunstformen, die Emotionen frei setzen. Ein Lied holt die Erinnerung an eine alte Liebe hoch. Der Duft von Gulasch erinnert an das Essen der Mutter. Warum also nicht kombinieren? Warum nicht Musik schmackhaft machen?

Das versucht die Köstritzer Brauerei in Berlin. Für den "Köstritzer Music Cooking Club", der ab dem kommenden Jahr auch an anderen Orten stattfinden soll, haben sie die Berliner Musikerin Cäthe und den Berliner Koch Franz-Josef Steiner mit ins Boot geholt. Herausgekommen ist: ein experimenteller, genussvoller Abend.

Vorspeise mit Leichtigkeit

Da sind sie also: Gerichte, die wie Cäthes Songs schmecken. Und zwar von Franz-Josef Steiner interpretiert, mit Köstritzer Bier verfeinert und dann auf den Teller gezaubert. Aber geht das? Schmeckt die Vorspeise wirklich so wie der Song sich anhört? "Wir singen jetzt sozusagen die Vorspeise", kündigt Cäthe ihren Song "Unter Palmen" an. Ihr Song handle von den Sehnsüchten eines jeden Menschen, sagt sie. Einer mit der Aussage, man solle es nicht immer so schwer nehmen. Ein schöner Song - aber wie macht man den nun schmackhaft?

Steiner ist an der Reihe. Er muss es erklären. Der Koch betrachtet den Song als schwere Kost, die leicht verpackt ist. Außerdem klinge das Lied für ihn nach einem französischen Chanson. Er spüre in dem Lied einen Kontrast. Die Gegensätze würden aber harmonieren. Das Ergebnis ist: Havelzander mit Orangen auf Spinat und Walnusssalat. Dazu die französischste aller Saucen: Sauce Béarnaise. Schmeckt das nach der Leichtigkeit, die der Song "Unter Palmen" vermittelt? Irgendwie schon. Denn es ist nicht nur eine leckere Vorspeise. Sie schmeckt nach Urlaub und nach Leichtigkeit.

Wild & rockig: der Hauptgang

Das zweite Menü ist begleitet vom Song "Glaub mir, Honey", in dem es um Liebeskummer und Selbstbewusstsein geht. Er sei eine Art Abrechnung, so Cäthe. Stilistisch klingt er etwas rockig und wild. Das Menü dazu sind an diesem Abend geräucherte Pastinaken-Kartoffel-Knödel und Chili-Pflaumen-Röster mit Hirschpraline an Schwarzbiersoße. Ein rauchiger und wilder Geschmack auf der Zunge - passend zu Cäthes Stimme im Song. Als Ausgleich dazu die Pflaumen - ein bisschen süß und scharf. Die geräucherten Knödel stärken.

Das Essen schmeckt gut, aber an dieser Stelle will mir der Bezug des Gekochten zum präsentierten Song nicht wirklich gelingen. Wo ist die Abrechnung? Wo die Aussage, dass der Ex-Lover nun etwas verpasst? Wild und rauchig ist er, der Hauptgang. Aber es zeigt sich, dass das Experiment nicht immer gelingen muss. Manchmal geht Musik eben über den Tellerrand hinaus.

Offenheit ist das Wichtigste

Man kann Musik schmecken - wenn man will. Aber man muss sich dafür öffnen, man muss darüber nachdenken und sich auf das Experiment einlassen. Was sich aber gezeigt hat: Musik und Kochen passen vorzüglich zusammen. Die Köstritzer Brauerei mit Cäthe und Franz-Josef Steiner waren an diesem Abend die Pioniere für eine neue Art von Genuss. Aber Steiner findet "Ich höre seit Jahren: Musik und Kochen muss sich verbinden lassen. Und nun ist es endlich passiert. Da steckt noch sehr viel Potenzial drin." - vielleicht ein neuer Trend.

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